Düsseldorf. Sollen die Bürger weitgehend unter Hausarrest gestellt werden, um das Corona-Virus einzudämmen? Die Politik reagiert völlig uneinheitlich.
Bund und Länder ringen im Kampf gegen das Corona-Virus um weitgehende Ausgangssperren für die Bürger. Bayern hat am Freitag als erstes Bundesland zunächst für zwei Wochen „grundlegende Ausgangsbeschränkungen“ verhängt. Das Saarland zog kurz darauf nach.
NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) blieb dagegen zurückhaltend. Eine Ausgangssperre sei für ihn „wirklich das allerletzte Mittel“. Schon jetzt seien zahlreiche Grundrechte eingeschränkt worden. „Der Staat muss sorgsam überlegen, wie weit kann er gehen“, sagte Laschet am Freitag in einer Bürger-Fragestunde von WDR 2.
Am Sonntag wollen sich Kanzlerin und Bundesländer auf ein Vorgehen verständigen
Die Landesregierung verwies auf Beratungen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und den übrigen Bundesländern am Sonntag, deutete aber bereits an, dass nächste Woche wohl zumindest auch Restaurants und Baumärkte geschlossen bleiben könnten. Vor allem der Samstag war offenbar als eine Art „Bewährungsprobe“ für die Bürger gedacht., inwieweit die bisherigen Appelle zur Vermeidung sozialer Kontakte Verhaltensänderungen nach sich ziehen. Es werde „entscheidend sein“, wie sich die Lage am Wochenende gestalte, sagte Merkels Regierungssprecher Steffen Seibert.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) schuf dagegen bereits vor dem Wochenende Fakten: Entgegen der bisherigen Regelungen müssen im Freistaat ab sofort auch Restaurants, Friseure und Baumärkte schließen. Sport im Freien und Spaziergänge sind nur noch allein oder mit der Kernfamilie möglich. Gegen Gruppenbildung gehe die Polizei vor. Söder drohte hohe Bußgelder an.
Erste NRW-Kommunen untersagen Gruppenbildung in der Öffentlichkeit
In NRW untersagten erste Kommunen bereits im Alleingang Treffen von Menschengruppen in der Öffentlichkeit. Leverkusen untersagte Zusammenkünfte von zwei oder mehr Personen unter freiem Himmel, sofern es sich nicht um Familienmitglieder handelt. Dortmund verbietet öffentliche Ansammlungen von mehr als vier Personen. NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU) begrüßte die Alleingänge der Städte: „Es ist völlig ok, wenn jeder Oberbürgermeister in eigener Verantwortung schaut, wie diszipliniert die Bürger reagieren.“
Der Verband der Mittelständischen Wirtschaft warnte von einer generellen Ausgangssperre: Diese wäre „der totale Lockout“ für die bereits extrem getroffenen Betriebe, erklärte NRW-Landesgeschäftsführer Herbert Schulte. SPD-Oppositionsführer Thomas Kutschaty forderte dagegen von der Landesregierung eine klare Vorgabe für die Städte: „Das aktuelle Regieren von Herrn Laschet per Erlass-Lage bedeutet für sie zusätzliche bürokratische Belastung, da sie jeden Erlass immer wieder in eine sogenannte Allgemeinverfügung umwandeln müssen. Das kostet vor Ort jede Menge Zeit, die unnötig verloren geht.“
Grünen-Landeschefin Mona Neubaur regte zeitgemäßere Aufklärungsarbeit an: „Um den Ernst der Lage noch stärker zu betonen, sollte die Bundesnetzagentur die Mobilfunkanbieter anweisen, eine entsprechende SMS mit verifizierten Informationen und Verhaltenshinweisen auf alle Handys in Deutschland zu senden.“