Essen. Rat von Schulpsychologen für die schulfreie Zeit: Feste Arbeits- und Pausenzeiten, ein eigener Stundenplan und nicht zu viel Ehrgeiz

Überforderte Kinder, genervte Eltern, gestresste Lehrer - die Kita- und Schulschließungen stellen die Familien vor gewaltige Herausforderungen. Während das NRW-Schulministerium derzeit einen Ratgeber für Lehrkräfte für das digitale Lernen erarbeitet, geben die Schulpsychologen Kristina Timm, Philipp Deing und Sascha Borchers den Eltern zehn Tipps, wie sie mit ihren Kindern zu Hause lernen können:

Eltern sind keine Ersatzlehrer

Eltern sollen und können eine Lehrkraft nicht ersetzen, sie sollen vielmehr ihr Kind geduldig begleiten, erklären die Psychologen. Auch sollten Eltern nicht „übermotiviert" in diese Zeit gehen, rät der Verband Bildung und Erziehung VBE. „Auch in der Schule kann nicht jedes Kind jede Aufgabe auf Anhieb umsetzen“, sagt VBE-Vorsitzender Udo Beckmann.

Der Tag braucht eine Struktur

Den Tagesablauf solle man möglichst so wie immer gestalten, raten die Schulpsychologen. „Halten Sie feste Schlafens- und Aufstehzeiten, Pausen und Mahlzeiten und auch Bewegungszeiten ein.“ Kinder benötigten einen gleichen und festen Rhythmus.

Ein neuer Stundenplan

Wie an jedem Schultag sollte sich das Kind täglich für eine bestimmte Zeit an seine Aufgaben setzen. Sinnvoll wäre es, mit dem Kind eine Art „Stundenplan“ für das Lernen zu Hause aufzustellen.

Den Stoff wiederholen

Zeiten, in denen neue Dinge erlernt werden, sollten sich mit Phasen abwechseln, in denen dieses Wissen vertieft und wiederholt wird. Für die Wiederholungen sollten die Eltern mehr Zeit einplanen als für die Erarbeitung neuer Lerninhalte, so die Experten.

Nicht zu viele Vokabel

„Vokabeln zunächst laut lesen und dann mehrmals schriftlich kontrollieren, bis sie sitzen“, lautet der Tipp der Schulpsychologen. Insgesamt sollten Kinder nicht mehr als 30 bis 40 Vokabeln am Tag pauken. Als Anregung empfehlen die Experten ein Video mit Lernstrategien für Eltern auf der Video-Plattform YouTube.

Wenn es Streit gibt…

Oft seien Eltern verärgert, wenn Kinder etwas nicht begreifen oder die Fortschritte vermeintlich zu gering sind. „In diesen Fällen empfehlen wir, weniger für die Schule zu machen und erst mehr in die Beziehung zu investieren.“ Manchmal sei es besser, wenn genervte Eltern die Erklärung einem guten Lernvideo im Internet überließen. Was zu mehr Gelassenheit beitragen kann: Der Stoff, den die Lehrer nun verschicken, werde nicht in Prüfungen abgefragt, stellte NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer klar.

Hilfreiche Bildungsmedien

Öffentlich rechtliche Sender bieten derzeit Bildungsprogramme an, die sich später auch in den Mediatheken finden. Zudem weisen zahlreiche kommerzielle Anbieter nun auf ihre Lernangebote im Netz mit kostenlosen Probemonaten hin. Der VBE begrüßt das grundsätzlich, erinnert Eltern jedoch daran, auf die Kündigungsfristen zu achten.

Im Zweifel die Lehrerin oder den Lehrer fragen

Wenn sich Fragen zu Hause nicht klären lassen, ist eine Mail an die Lehrkraft oder ein Anruf geboten. Schließlich haben auch die Lehrer keine „Corona-Ferien“.

Konflikte gemeinsam lösen

Streit und Reibereien gehören zum Familienleben dazu. „Aber diese Reibung können wir positiv nutzen“, so die Schulpsychologen. „Gemeinsam Lösungen zu erarbeiten stärkt den Zusammenhalt, die Sozialkompetenz und das Selbstbewusstsein." In diesen Zeiten bewähre sich die Einrichtung einer „Familienkonferenz“.

Die Zeit genießen

Trotz aller Einschränkungen sollte man sich überlegen, dass diese Krise den Familien immer „Zeit schenkt“, meine die Experten. „Wann werden wir wieder so viel Zeit mit den Kindern verbringen können?“ Diese Zeit sollte Eltern und Kinder miteinander nutzen: „Gemeinsam spielen, lesen, lachen, singen, reden, kuscheln und vielen mehr.“ Und außerdem: Auch Langeweile auszuhalten will gelernt sein.