Düsseldorf. Die Apotheken in NRW sind voll in der Corona-Pandemie. Der Chef des Apotheker-Verbandes, Thomas Preis, sagt im Interview, was jetzt wichtig ist.
Die Corona-Pandemie ist auch für die Apotheken eine Bewährungsprobe. Mitten drin: Der Kölner Apotheker und Vorsitzende des Apothekerverbandes Nordrhein, Thomas Preis. Wir haben mit ihm über Warteschlangen, Fake-News und Hamsterkäufe gesprochen.
Die Corona-Krise sorgt für große Verunsicherung insbesondere bei älteren Menschen. Unter welchen Bedingungen arbeiten Apotheken in Zeiten der Pandemie?
Die Apotheken sind voll. Der Beratungsbedarf vieler Kunden und Patienten ist in dieser Ausnahmesituation enorm groß. Die Apotheken leisten wichtige Aufklärungsarbeit und versuchen zugleich, keine langen Warteschlangen entstehen zu lassen. Zur Eindämmung des Corona-Virus ist es wichtig, dass auch in Apotheken ein Mindestabstand von zwei Metern untereinander eingehalten werden kann. Deshalb brauchen wir jetzt schnelle Entlastung.
Woran denken Sie?
Wir fordern das sofortige Aussetzen aller Rabattverträge mit den Krankenkassen. Es ist unverantwortlich, dass ein älterer Patient mehrmals eine Apotheke aufsuchen muss, nur weil ein Rabatt-Arzneimittel oder ein bestimmtes, laut Rahmenvertrag vorgeschriebenes Medikament nicht auf Lager ist. Auch Rückfragen in den Arztpraxen kosten Zeit, die wir in der Corona-Pandemie nicht haben. Apotheken sollten die Präparate ausgeben dürfen, die sie vorrätig haben.
Auf die Krankenkassen kämen enorme Mehrkosten zu, wenn die ausgegebenen Medikamente teurer sind als Rabatt-Arzneimittel. Wer soll das bezahlen?
Ich würde mir wünschen, dass wir eine unbürokratische Lösung mit Mitteln der Europäischen Union und des Bundes finden. Alles, was Doppelbesuche in Apotheken und zeitraubende Rücksprachen mit Arztpraxen vermeidet, hilft bei der Eindämmung der Pandemie. Glücklicherweise haben wir mit der AOK Rheinland-Hamburg bereits eine Einigung erzielen können, mit anderen Krankenkassen laufen Gespräche.
Spüren die Apotheken Hamsterkäufe bei bestimmten fiebersenkenden Medikamenten?
Ein regelrechtes Horten bestimmter Medikamente ist nicht festzustellen. Die Lieferketten der Apotheken funktionieren. Dass viele Menschen in der gegenwärtigen Lage ihre Hausapotheke etwas vorausschauender mit gängigen Arzneien bestücken, ist verständlich und findet in ganz normalem Rahmen statt.
Wie sehr machen Ihnen Fake-News in den Sozialen Netzwerken zu schaffen?
Am Wochenende verbreitete sich in den sozialen Medien die falsche Meldung, es gäbe einen Zusammenhang zwischen der Einnahme des Schmerzmittels Ibuprofen und schweren Krankheitsverläufen bei Covid-19-Patienten. Das entbehrt jeglicher wissenschaftlicher Grundlage. Mehr denn je gilt: Glauben Sie nicht, was im Netz herumgeistert, sondern fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker.
Manche Apotheken ziehen Plexiglasscheiben am Verkaufstresen ein. Empfehlen Sie so etwas?
Es gibt keine Empfehlung unseres Verbandes, Apotheken mit Plexiglasscheiben auszustatten. Aber jeder Apotheker muss nach eigenem Ermessen entscheiden, wie er sich und seine Mitarbeiter vor einer Ansteckung schützt. Apotheken können ihre wichtige Funktion in der Pandemie nur wahrnehmen, wenn alle selbst gesund bleiben.