Düsseldorf. „Über sehr, sehr viele Jahre hinweg Anzeichen für rechtsextreme Gesinnung“: NRW-Innenminister Reul übt deutliche Kritik am Polizeipräsidium Hamm.
NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) hat im Fall der mutmaßlich rechtsextremen Terrororganisation „Gruppe S.“ deutliche Kritik an seiner Polizei geäußert. Der im Polizeipräsidium Hamm eingesetzte Verwaltungsmitarbeiter Thorsten W. gehört zu den zwölf Terrorverdächtigen und sitzt in Untersuchungshaft. Die Hinweise auf eine rechtsextreme Gesinnung des 50-Jährigen waren offenbar weitaus deutlicher als bislang bekannt.
„Es ist für mich einfach nicht nachvollziehbar, dass über sehr, sehr viele Jahre hinweg Anzeichen für die rechtsextreme Gesinnung eines Verwaltungsangestellten unserer Polizei vorhanden waren. Und diese auch den diversen Vorgesetzten und Kollegen bekannt waren. Trotzdem wurde nicht konsequent eingeschritten“, sagte Reul am Donnerstag in einer Sondersitzung des Innenausschusses im Landtag. Der CDU-Politiker kündigte Konsequenzen an: „Das geht so nicht.“
Im Dienst die "Junge Freiheit" gelesen - dem Polizeipräsidenten fiel es auf
Der Verwaltungsmitarbeiter war zuletzt im Verkehrskommissariat der Hammer Behörde tätig. Schon vor zehn Jahren soll Thorsten W. im Dienst die zum rechten Spektrum gerechnete Zeitung „Junge Freiheit“ gelesen haben. Dem Polizeipräsidenten fiel das damals auf, es gab eine Ansprache, aber keinen Eintrag in die Personalakte oder Disziplinarmaßnahmen.
Im Jahr 2015 wurde gegen den Mann sogar ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Urkundenfälschung geführt, das gegen Zahlung einer Geldbuße eingestellt wurde. Wieder geschah disziplinarrechtlich nichts. 2018 fiel auf, dass der Beschuldigte seinen Balkon mit Reichskriegsflaggen dekoriert hatte und am Briefkasten Hinweise klebten wie: „Keine Lügenpresse“. Er trug einen Szene-Pullover des Labels „Thor Steinar“ und überklebte das Europa-Symbol auf seinem Autokennzeichen mit einem Kreuz. Ebenso fiel auf, dass hinter der Windschutzscheibe seines Privatwagens ein Flugblatt lag, das der Bundeskanzlerin „verbrecherisches Handeln“ vorwarf.
Da die ermittelnden Kollegen jedoch trotz all dieser Hinweise keine strafrechtliche Relevanz sahen, blieb der Verwaltungsmitarbeiter der Polizei weiter unbehelligt.
Nicht auszuschließen, dass es Zugang zu Waffendokumenten gab
Wie gefährlich die rechten Umtriebe des Polizei-Mitarbeiters wirklich waren, ist schwer abzuschätzen. In den 90er Jahren sowie zwischen 2013/2014 hatte Thorsten W. dienstlich auch mit waffenrechtlichen Fragen zu tun.
„Leider kann ich nicht ausschließen, dass der Beamte in den Jahren 2013/14 Zugriff auf Waffendokumente hatte“, räumte Reul ein. Der Mann habe jedoch zu keinem Zeitpunkt die Berechtigung gehabt, die Waffenkammer zu betreten. Ob er in seiner Zeit im Polizeipräsidium Hamm überhaupt Zugang zu Schusswaffen hatte, werde noch geprüft. Seit 2013 verfügte der Mann immerhin über einen kleinen Waffenschein.
"Ich als Innenminister werde Extremismus in unserer Polizei nicht dulden"
Reul kündigte im Lichte des Falls ein Bündel an Maßnahmen an. „Ich als Innenminister werde Extremismus in unserer Polizei nicht dulden. Nicht von links und nicht von rechts.“ Das Hammer Polizeipräsidium wurde angewiesen, nach weiteren Polizisten mit rechten Umtrieben zu suchen. Zudem würden mehr als 8000 waffenrechtliche Akten auf Unregelmäßigkeiten überprüft. Insgesamt sei man auf drei weitere Fälle aufmerksam geworden, die noch geprüft würden.
Mit einem Erlass verfügte Reul zudem, dass es in jeder Polizeibehörde einen „Extremismusbeauftragten“ geben solle, bei dem auffällige Verhaltensweisen von Beamten gemeldet werden können. „Jetzt kommt Licht ins Dunkel“, versprach Reul.