Essen. Nach ersten Schließungen von Schulen wächst unter Abiturienten die Sorge, dass das Coronavirus ihre Prüfungsvorbereitungen durchkreuzen könnte.

Nach ersten Schließungen von Schulen und Kitas in NRW wächst die Sorge beim diesjährigen Abiturienten-Jahrgang, dass das Coronavirus ihre Prüfungsvorbereitungen durchkreuzen könnte. Schulschließungen und wochenlange Quarantäne-Phasen vor oder während der Abitur-Klausuren könnten sich auf die Leistungen auswirken, befürchten Eltern und Lehrerverbände.

Schon in den kommenden Monaten stehen wichtige Prüfungstermine für die Schüler an: Die Vorabi-Klausuren, eine Art „Generalprobe“ für das Abitur, werden Ende Februar, Anfang März geschrieben. Die erste Abi-Klausur steht am 21. April an. Und die zentralen Prüfungen nach der Klasse 10 beginnen Anfang Mai.

Eltern fordern klare Regelungen von der Schulministerin

Die Eltern der betroffenen Schüler sind in Sorge: „Wir haben den Eindruck, dass die Schulen mit der Situation allein gelassen werden“, sagt Ralf Radke, Vorsitzender der Landeselternschaft der integrierten Schulen (LEIS), wozu auch die Gesamtschulen gehören. „Uns ist wichtig, dass alle Prüfungen ordnungsmäßig ablaufen und für alle Schülerinnen und Schüler faire Prüfungsbedingungen vorliegen“, so Radke.

Auch die Landeselternschaft der Gymnasien erwartet vom NRW-Schulministerium „klare Regelungen“ wie im Falle von Schulschließungen und Quarantänen in der Prüfungszeit umzugehen sei. Gefordert wird eine Art „Notfallplan“ für die kritischen Prüfungsphase und möglichst frühzeitige Informationen über anstehende Maßnahmen.

Furcht vor Schulschließungen wächst

Auf dieses Szenario scheint das NRW-Schulministerium derzeit nicht vorbereitet zu sein. Auf Anfrage teilt das Ministerium mit: „Die zuständigen Stellen im Schulministerium (...) stehen in engem Austausch und werden die Schulen bei Bedarf zeitnah über alle Entwicklungen im Zusammenhang mit dem Coronavirus informieren.“ Auf die Nachfrage, ob ein „Abitur-Notfallplan“ in Arbeit sei, verwies das Ministerium lediglich knapp auf die obige Antwort.

Zugleich wächst die Furcht vor möglichen Schulschließungen auch durch die Absage von Messen und Großveranstaltungen. Radke: „Mit 1000 Schülern und 100 Lehrkräften ist selbst die kleinste Gesamtschule in NRW bereits eine kleine Großveranstaltung. Wir als Landeselternschaft haben nicht den Eindruck, dass unsere Schulen der Situation angemessen vorbereitet sind.“ Vom Ministerium erwartet die Elternvertretung „ein offenes aber auch konsequentes Vorgehen im gesundheitlichen Interesse unserer Kinder und Lehrkräfte“. Bis hin zur Ausstattung der Schultoiletten mit Seife, Desinfektionsmitteln und Papierhandtüchern durch die Schulträger.

Aufgabenpool für Zentralabitur womöglich ausgeschöpft

Maike Finnern, Vorsitzende der Bildungsgewerkschaft GEW in NRW, sagte: „Das Ministerium ist gefordert, Möglichkeiten zu schaffen, dass die Klausuren störungsfrei geschrieben werden können.“ Stefan Behlau, Vorsitzender des Verbands Bildung und Erziehung in NRW dämpft die Furcht vor einer Coronavirus-Epidemie während der Abiturphase: „Sicherlich ist es mit großer Aufregung verbunden, wenn die Schule in der Klausurzeit geschlossen werden muss, aber die Vorbereitung der Vorabi-Klausuren wie auch der Abiturprüfungen läuft nicht in den letzten Unterrichtsstunden vor der jeweiligen Prüfung, sie ist ein Ergebnis der gymnasialen Oberstufe sowie der gesamten Schullaufbahn.“

Ähnlich sieht es die Vertretung der Gymnasial-Eltern: „Ein Unterrichtsausfall durch Schulschließungen dürfte keinen Einfluss auf das zu vermittelnde Wissen für die Abiturprüfungen haben“, so Dieter Cohnen, Vorstandsmitglied der Landeselternschaft. Doch verweist er auf ein weiteres ungelöstes Problem: Sollten mehrer Gymnasien zeitlich versetzt wegen Corona-Infektionen schließen müssen, könnte der Aufgabenpool für das Zentralabitur erschöpft sein. In dem Fall müssten weitere, schuleigene Aufgaben erstellt werden. Dadurch würde zwar die Vergleichbarkeit des Zentralabiturs geschmälert, „nicht jedoch die Anforderung an die Schüler“.

Notfalls Abi-Prüfungen auf Nachschreibetermine verschieben

Wenn in einer Stadt eine oder mehrere Schulen geschlossen werden würden, müsse zunächst geprüft werden, welche Abitur-Termine davon betroffen sind, so Dieter Cohnen. Als einen Ausweg schlagen Bezirksregierungen sowie die Landeselternschaft eine komplette Verschiebung der Klausuren vor: Die Nachschreibtermine für Schüler, die aufgrund von Krankheit nicht an Abiturprüfungen teilnehmen können, finden im Mai statt. Diese Termine könnten notfalls „auch für einen ganzen Jahrgang genutzt werden.“

>>>> Die Schulpflicht besteht weiter

Nach Auskunft des Schulministeriums können die Gesundheitsämter Schulschließungen anordnen. Grundsätzlich haben auch Schulleitungen im Einzelfall die Befugnis, Schüler vom Unterricht auszuschließen, wenn von ihnen eine Gesundheitsgefahr ausgeht.

Zudem könne „im Ausnahmefall eine Schule auf Grundlage des Hausrechts der Schulleitung zur Abwehr erheblicher konkreter Gefahren geschlossen werden“. Eltern dürften aber trotz der aktuellen Coronavirus-Lage ihre Kinder nicht vom Unterricht fernhalten. Die Schulpflicht gilt weiter.