Düsseldorf. Die Landespolitik ringt um einen besseren Schutz für Lokalpolitiker, die sich Anfeindungen und Angriffen ausgesetzt sehen. Was könnte helfen?
Seit der Kamp-Lintforter Bürgermeister Christoph Landscheidt (SPD) aus Angst vor Gewalttätern aus der rechten Szene einen Waffenschein beantragte, ringt die Landespolitik um einen angemessenen Umgang mit Attacken auf Kommunalpolitiker und lokale Amtsträger. In einer besonders misslichen Lage ist dabei NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU), wie sich am Mittwoch in einer Aktuellen Stunde des Landtags andeutete.
Reul will einerseits keine Panik schüren, „um nicht das Geschäft derjenigen zu machen, die Angst und Druck in die Gesellschaft bringen“. Die Zahl der politisch motivierten Straftaten gegen kommunale Amts- und Mandatsträger ist laut Kriminalpolizeilichem Meldedienst nicht allzu besorgniserregend: Sie lagen 2016 bei landesweit 31 Fällen, hatten mit 44 und 43 Vorkommnissen 2017/18 ein Zwischenhoch und waren im vergangenen Jahr sogar auf 20 gesunken.
Viele Kommunalpolitiker zeigen Drohungen und Pöbeleien wohl gar nicht mehr an
Anderseits weiß auch Reul, dass die Dunkelziffer weitaus höher sein dürfte. Viele Bürgermeister und Ratsmitglieder zeigen Pöbeleien und Drohungen gar nicht erst mehr an. Die SPD-Opposition im Landtag forderte, dass Strafverfahren wegen Übergriffen auf Kommunalpolitiker nicht mehr wegen Geringfügigkeit eingestellt werden dürfen. Dies werde in Niedersachsen so gehandhabt und solle auch in NRW Schule machen.
Reul verwies auf die Unabhängigkeit der Justiz bei der Strafverfolgung, wehrte sich überdies gegen Aktionismus und „Konferenzitis bei dem Thema“. Es sei auch unmöglich, alle haupt- und ehrenamtlich Tätigen mit Personenschützern auszustatten und an jede Ecke Polizisten zu stellen. Die Bewaffnung von Bürgermeistern bleibe „eine total falsche Lösung“. Zugleich sieht auch Reul, dass es inzwischen „eine breite Bedrohung in der Gesellschaft gibt für Menschen, die sich engagieren“. Die Verrohung der politischen Auseinandersetzung erinnert den Innenminister an ungute Zeiten: „All das gab es in der deutschen Geschichte schon mal.“
Landesregierung startet „Respekt-Kampagne“ für Lokalpolitiker
Was also tun? Die NRW-Grünen werben schon länger von eine Ansprechstelle für rechtsextreme Übergriffe, bei der Städte Hilfestellung bekommen könnten bei Neonazi-Demonstrationen, - Drohungen oder -Immobilienbesitz. Heimatministerin Ina Scharrenbach (CDU) will derweil vor der Kommunalwahl ein neues Bewusstsein für den Wert der politischen Arbeit an der Basis schaffen. Bis Mai soll eine „Respekt-Kampagne“ für die sozialen Medien produziert werden. Gemeinsam mit den Kommunalen Spitzenverbänden hat das Ministerium überparteilich Bürgermeister, Ratsleute und Kreistagsmitglieder ausgesucht, die in kurzen Video-Clips erklären, warum sie sich für ihre Gemeinden engagieren. Sie wolle deutlich machen, so Scharrenbach, „hier engagieren sich Bürger für Bürger“.