Essen. Kommt der niedrigere Mehrwertsteuersatz auf Bahntickets auch Kunden des VRR zugute? Diese Frage will der Verkehrsverbund bis März klären.
Nach der Absenkung der Mehrwertsteuer auf Fahrscheine der Bahn dürften bald auch im Nahverkehr die Preise für längere Strecken sinken. Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) will bis Mitte März prüfen, inwieweit die seit Januar gültigen Steuervorteile im Fernverkehr auch auf bestimmte ÖPNV-Tickets anzuwenden sind.
Fernverkehr um 10 Prozent günstiger
Auslöser der von CDU, SPD und Grünen in der VRR-Verbandsversammlung angestoßenen Untersuchung ist die vom Klimakabinett der Bundesregierung Ende 2019 beschlossene Reduzierung der Mehrwertsteuer für Bahntickets von 19 auf 7 Prozent. Die Bahn AG verzichtete im Gegenzug auf Preiserhöhungen und gibt den niedrigeren Mehrwertsteuersatz seit Jahresbeginn eins zu eins an die Kunden weiter. Bahntickets sind dadurch im Schnitt um rund 10 Prozent billiger geworden. Der Staatskonzern erhofft sich durch diese und weitere Maßnahmen eine Verdoppelung der Fahrgastzahlen in den kommenden Jahren.
Im Nahverkehr gilt der verminderte Steuersatz von 7 Prozent schon länger. Allerdings ist in einigen Tarifstufen des VRR der Satz von 19 Prozent enthalten. Nach Auskunft des NRW-Finanzministeriums unterliegen alle Fahrten über Gemeindegrenzen oder über 50 Kilometer hinaus seit Januar dem ermäßigten Steuersatz. Maßgeblich sei dabei die längste Beförderungsstrecke, die der Fahrgast mit diesem Fahrausweis mit dem einzelnen Verkehrsunternehmen zurücklegen könne, teilte ein Ministeriumssprecher auf Anfrage mit. Die Neuregelung gelte aber nur für den Schienenbahnverkehr.
Der VRR tut sich mit den Ermittlungen, wie viele der jährlich rund 1,1 Milliarden VRR-Fahrten die 50-Kilometer-Schwelle tatsächlich überschreiten, offenbar schwer. Eine VRR-Sprecherin verwies auf Nachfrage auf die nun bis zum Frühjahr anstehende Prüfung.
Strecken über 50 Kilometer kann man mit allen Tickets der höchsten Preisstufe D zurücklegen und unter bestimmten Bedingungen auch mit Fahrscheinen der Stufe C. Für Fahrgäste ist der Steuersatz nicht ersichtlich. Eine gesetzliche Pflicht zur Ausweisung der Mehrwertsteuer auf Fahrscheinen besteht nicht.
Nach WAZ-Informationen geht man VRR-intern von jährlich fünf bis sieben Millionen Euro aus, die durch die Steuersatzminderung weniger an den Fiskus abgeführt werden müssen. Gelder, die nach Ansicht von CDU, SPD und Grünen im VRR-Parlament an die Fahrgästen zurückfließen müssen. Die Verwaltung wurde beauftragt, Vorschläge zu machen, wie der Preisvorteil konkret an die Kunden weitergegeben werden kann.
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Die Tarifpolitik des VRR hatte zuletzt zunehmend Kritik auf sich gezogen. Die Ticketpreise für Busse und Bahnen steigen seit Jahren teils deutlich über der allgemeinen Teuerungsrate. Im vergangenen Sommer hatte die schwarz-grüne Mehrheitskoalition im VRR-Parlament eine weitere Preisrunde zunächst ausgebremst. Die inzwischen verabschiedete Preiserhöhung um durchschnittlich 1,8 Prozent ab Januar gilt als Kompromiss, um höhere Personalkosten und den Investitionsbedarf im Nahverkehr abzufangen.