Düsseldorf. Das Land freut sich über einen Haushaltsüberschuss - auch, weil die Städte auf 750 Millionen Euro pro Jahr für Asylbewerber sitzen zu bleiben.

Die Pläne von NRW-Finanzminister Lutz Lienenkämper (CDU), einen 2019 überraschend erzielten Haushaltsüberschuss von 1,2 Milliarden Euro der allgemeinen Rücklage des Landes zuzuführen, haben bei Kommunen und Opposition Empörung hervorgerufen.

„Die Städte fordern die Landesregierung auf, den Kommunen die steigenden Ausgaben für geduldete Flüchtlinge zu erstatten“, sagte Helmut Dedy, Geschäftsführer des NRW-Städtetages, unserer Redaktion. Lienenkämper hatte den Haushaltsüberschuss unter anderem mit Minderausgaben bei den Flüchtlingskosten erklärt. Insgesamt seien 2019 in diesem Bereich rund 515 Millionen Euro weniger angefallen als zunächst veranschlagt. „Die Flüchtlingsausgaben des Landes sinken und die Kosten der Kommunen für Geduldete steigen“, kritisierte Dedy.

Kommunen bleiben jahrelang auf Kosten für Geduldete sitzen

Ausreisepflichtige, aber weiter „geduldete“ Asylsuchende werden vom Land nur drei Monaten lang finanziert. Die Städte bleiben danach auf den Kosten sitzen, obwohl viele „Geduldete“ jahrelang dort wohnen. In NRW leben rund 58.000 abgelehnte, aber geduldete Asylbewerber. Allein in Essen sind es rund 2000. NRW ist das einzige deutsche Flächenland mit dieser Dreimonatsfrist. Bayern bedient die Kosten komplett aus der Landeskasse.

Zudem ächzen die Städte darunter, dass das Land bislang nur eine Jahrespauschale pro anerkanntem Flüchtling von 10.400 Euro erstattet. Die tatsächlichen Kosten, die durch Versorgung und Integration vor Ort entstehen, liegen nach einem eigenen Gutachten der Landesregierung jedoch bei rund 13.500 Euro. Insgesamt klaffe bei den Flüchtlingskosten der NRW-Städte inzwischen „eine erhebliche Lücke von insgesamt rund 750 Millionen Euro pro Jahr“, erklärte Dedy. „Der Haushaltsüberschuss des Landes sollte deshalb auch dazu genutzt werden, diese Lücke zu schließen.“

Land hat die Flüchtlingspauschale noch immer nicht angepasst

Obwohl die Landesregierung bereits eine Anpassung der Flüchtlingsmittel für die Städte für Anfang 2018 zugesagt habe, „legt sich die Landesregierung stattdessen ein schönes Polster an auf Kosten der Kommunen“, kritisierte SPD-Kommunalexperte Stefan Kämmerling. Grünen-Fraktionsvize Mehrdad Mostofizadeh warf der Landesregierung haushaltspolitische Trickserei vor: „Finanzminister Lienenkämper behauptet dreist, dies sei Ergebnis seiner soliden Finanzpolitik. Für die Städte und Gemeinden muss das wie blanker Hohn klingen.“

Das Land verwies bislang darauf, dass die Ermittlung der tatsächlichen Flüchtlingskosten und die Differenzierung zwischen Großstädten und ländlichen Gemeinden schwierig sei, man aber an einer Lösung arbeite.