Düsseldorf. Im Missbrauchsfall von Bergisch Gladbach sorgte ein Fehler der Staatsanwaltschaft dafür, dass ein Soldat aus Wesel noch einmal zuschlagen konnte.
Die Justiz-Pannen im Missbrauchsfall von Bergisch Gladbach haben die Vergewaltigung eines dreijährigen Mädchens begünstigt. Das geht aus einem vertraulichen Bericht des Leitenden Oberstaatsanwalts in Köln an das NRW-Justizministerium hervor, der unserer Redaktion vorliegt.
Demnach hat ein 26-jähriger Zeitsoldat der Bundeswehr aus Wesel am Wochenende 24./25. August 2019 das Kind mehrfach missbraucht und dabei gefilmt. Wörtlich heißt es in dem Bericht des Oberstaatsanwalts: „Nach dem aktuellen, auf seiner Einlassung und dem korrespondierenden Ergebnis der Auswertung der Geo-Daten seines Mobiltelefons sowie der Zeitstempel inkriminierter Bilddateien fußenden Erkenntnisstand ist der Beschuldigte dringend verdächtig, an dem vorbezeichneten Wochenende im Abstand von mehreren Stunden insgesamt zwei Taten im Sinne des § 176a Abs.2 Nr. 1 StGB zum Nachteil seiner dreijährigen Nichte begangen zu haben.“ Der Paragraf bezeichnet die Vergewaltigung eines Kindes.
Zunächst ging es nur um "handwerkliche Fehler" der Staatsanwaltschaft
Mitte November hatte NRW-Justizminister Peter Biesenbach (CDU) zwar öffentlich „handwerkliche Fehler“ der Staatsanwaltschaft Kleve in diesem Fall bedauert. Damals ging man jedoch davon aus, dass kein weiteres Kind zu Schaden gekommen wäre. In Wesel waren im Juni Missbrauchsermittlungen gegen den Zeitsoldaten nicht mit der erforderlichen Sorgfalt durchgeführt worden. Dem Mann wurde der Missbrauch seines fünfjährigen Stiefsohns und seiner dreijährigen Tochter vorgeworfen. Obwohl der Beschuldigte in einer angeblich freiwilligen „Lebensbeichte“ bei der Polizei leichtere Taten eingeräumt und eine kinderpornografische Neigung angedeutet hatte, verzichtete die Staatsanwaltschaft auf eine Hausdurchsuchung und die Vernehmung der Kinder. Der Generalstaatsanwalt hat dieses Vorgehen gerügt.
Der brisante Bericht liegt seit Wochen im Justizministerium vor
Angeblich sollte keine Wiederholungsgefahr bestanden haben, da der Mann sich seit Juni nicht mehr seinen Kindern nähern konnte. Von der dreijährigen Nichte war zunächst keine Rede. Der Soldat gehört nach Erkenntnissen der Ermittler zu einem Kinderschänder-Netzwerk, das erst im Oktober bei einer Hausdurchsuchung in Bergisch Gladbach enttarnt werden konnte.
Der brisante Bericht des Kölner Oberstaatsanwalts stammt bereits vom 25. November, soll von Biesenbachs Leiter der Strafrechtsabteilung jedoch erst am 11. Dezember zur Kenntnis genommen worden sein. Wegen der andauernden Ermittlung habe man entschieden, weder Presse noch den Rechtsausschuss des Landtags öffentlich zu informieren.