Düsseldorf. Bei der Inklusion engagieren sich Hauptschulen überdurchschnittlich stark, Gymnasien nicht so sehr. Lehrerverbände fordern ein Umdenken.

Laut einem Bericht des NRW-Schulministeriums erreichen die 786 „Schulen des Gemeinsamen Lernens“ noch nicht die von ihnen gewünschten Aufnahmezahlen für Kinder mit Behinderungen. Dabei handelt es sich um weiterführende Schulen, die in ihren Eingangsklassen (Klasse fünf) im Durchschnitt drei „Schüler mit Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung“ aufnehmen sollen. Für Gymnasien gelten andere Regeln. Tatsächlich liegt der durchschnittliche Wert bei 2,4, und die Hauptschulen engagieren sich für die Inklusion viel stärker als zum Beispiel die Gymnasien.

Die Landesregierung ist insgesamt zufrieden mit dem ersten Schuljahr der „Neuausrichtung der Inklusion“ in NRW. Die Inklusion könne mit der Reform „gestärkt“ werden. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und der Verband Bildung und Erziehung (VBE) reagierten allerdings sehr kritisch auf den Bericht. „Es ist nicht viel besser geworden mit der Inklusion seit der Landtagswahl 2017“, sagte die GEW-Landesvorsitzende Maike Finnern dieser Redaktion. VBE-NRW-Chef Stefan Behlau meint, die Neuausrichtung der Inklusion hätte auf jeden Fall auch die Grundschulen mit einschließen müssen.

Gewerkschaft: In der Realität funktioniert Inklusion nicht so gut wie auf dem Papier

Aus der Sicht der GEW ist der Bericht der Regierung zum Stand der Inklusion an Schulen „reine Augenwischerei“. Die Zahl von 2,4 Kindern mit Förderbedarf pro Eingangsklasse sei nur ein Mittelwert. Einige Schulformen wie Haupt-, Gesamt- und Realschulen hätten deutlich mehr Kinder mit Behinderungen aufgenommen. Der Bericht suggeriere auch durch eine „verfälschende Darstellung“, dass die Gymnasien „die Spitzenreiter“ bei der Inklusion seien. Das Gegenteil sei aber der Fall, so Finnern. Es fehlten fast überall Sonderpädagogen, die Ausstattung vieler Schulen sei nach wie vor schlecht, und bisher profitierten nur die fünften Klassen von der Reform. „Die 2,4 Schüler pro Klasse werden in der Realität nicht erreicht“, bilanziert die GEW-Vorsitzende.

„Inklusion sollte an allen Schulen gelebt werden. Es ist bedenkenswert, dass gerade die Hauptschule, die sehr stark unter dem Lehrkräftemangel leidet, weiter eine Vorreiterrolle bei der Inklusion innehat, während eine andere Schulform nur vereinzelt Orte des Gemeinsamen Lernens anbietet“, sagte Stefan Behlau vom VBE. Eine wirkliche Neuausrichtung der schulischen Inklusion hätte von der Grundschule her gedacht werden müssen“, so Behlau. Der VBE attestiert der Landesregierung immerhin, dass sie sich um die Inklusion bemühe. So seien zum Beispiel der Ausbau der Studienplätze für Sonderpädagogik oder das erhöhte Lehrer-Fortbildungsbudget richtige Schritte.