Essen. Jugendliche geben Lehrern bei digitaler Kompetenz schlechte Noten. Mehr als die Hälfte glaubt nicht an Chancengleichheit an Schulen.

Erst vor wenigen Tagen legte die Pisa-Studie erneut den Finger in die Wunde des deutschen Bildungssystems: In Deutschland bestimmt noch immer die soziale Herkunft im entscheidenden Maß die Bildungschancen junger Menschen. Wer aus schwierigen Verhältnissen kommt, zu Hause nicht gut gefördert wird oder eine Zuwanderungsgeschichte hat, der hat es schwerer. Fragt man die Betroffenen selbst, dann zeigt sich, dass auch viele Schüler an der Chancengerechtigkeit in deutschen Schulen zweifeln.

Das ergab eine aktuelle Forsa-Umfrage im Auftrag des Essener Stifterverbands unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen (14 bis 21 Jahre). Mehr als die Hälfte (56 %) der jungen Menschen glaubt nicht, dass alle Kinder in Deutschland die gleichen Chancen auf eine gute Bildung haben, ergab die repräsentative Umfrage unter rund 1000 jungen Menschen. Das sind neun Prozentpunkte mehr als bei der letzten Erhebung 2018. „Damit hat sich der positive Trend der Vorjahre wieder umgekehrt“, sagt Peggy Groß, Sprecherin des Stifterverbands.

Gute Lehrer entscheidend für erfolgreiche Bildung

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Welche weiteren Faktoren spielen für die jungen Befragten eine wichtige Rolle für eine gute Bildung? 92 Prozent sind der Ansicht, dass vor allem gute Lehrer einen wichtigen Einfluss haben. Aber auch Zuwendung und Unterstützung (91 %) sowie die eigene Motivation (90 %) spielen demnach eine große bis sehr große Rolle. 69 Prozent der Befragten meinen, dass die Bildung der Eltern ein wesentlicher Faktor ist.

Um später im Beruf erfolgreich zu sein, müsse die Schule verschiedene Fähigkeiten vermitteln. Fast alle Befragten (98 %) sind der Ansicht, dass eine gute Selbstorganisation, Höflichkeit und Toleranz gegenüber anderen Menschen sowie gute Sprachkenntnisse (97 %) wichtig sind. 57 Prozent glauben zudem, dass Programmier- und Softwarekenntnisse für eine berufliche Karriere nötig sind.

Lehrer haben zu geringe Digitalkenntnisse

Eine deutliche Mehrheit der Befragten kritisierten die unzureichende Kompetenz der Lehrer im Umgang mit digitalen Medien: Die Lehrer können nicht so gut (46 %) oder schlecht (29 %) mit der Technik umgehen. Zudem sagen 53 Prozent der befragten Jugendlichen, dass ihre Schule nicht gut oder sogar schlecht mit digitalen Medien ausgestattet ist.

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„Der Digitalpakt ist ein erster Schritt, allen Schülern zu ermöglichen, mit Hilfe digitaler Medien zeitgemäß zu lernen, um sich auf das Leben und Arbeiten im digitalen Zeitalter vorzubereiten“, sagt Andreas Schlüter, Generalsekretär des Stifterverbands. Die Ergebnisse der Umfrage zeigten aber, dass es nicht ausreiche, Schulen mit digitalen Technologien auszustatten. „Voraussetzung für den Erfolg ist, dass Lehrkräfte umfassend aus- und weitergebildet, pädagogische Konzepte entsprechend angepasst werden“, so Schlüter weiter.

Digitalisierung führt nicht zu mehr Chancengleichheit

Nach Ansicht vieler Schüler führt die Digitalisierung an Schulen indes nicht automatisch zu einer besseren Chancengerechtigkeit. Dazu müssten sozial benachteiligte Kinder die Geräte kostenlos nutzen können. Gebe es diese Möglichkeit nicht, würden digitale Technologien die Ungleichheit sogar eher verstärken.

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