Düsseldorf.
Unter dem Eindruck der Missbrauchsfälle von Lügde und Bergisch-Gladbach hat der NRW-Landtag am Freitag einstimmig die Einrichtung einer Kinderschutzkommission beschlossen. Ihr gehören 13 Abgeordnete an, die Vorschläge für den besseren Schutz von Kindern und Jugendlichen machen und jährlich dem Parlament berichten sollen. Vertreter aller Fraktionen zeigten sich schockiert über die Dimension der Verbrechen an jungen Menschen. Der Antrag zur Gründung der Kommission kam von CDU, FDP, SPD und Grünen. Die AfD und drei fraktionslose Abgeordnete schlossen sich an.
Sehr emotional begründete die frühere NRW-Landwirtschaftsministerin Christina Schulze Föcking (CDU) den Beschluss, diese Unterkommission des Familienausschusses zu gründen. „Ich verspüre Wut in mir“, sagte die Politikerin, die künftig in der Kommission für ihre Partei sprechen wird, angesichts des „gigantischen Ausmaßes“ der zuletzt bekannt gewordenen Missbrauchsfälle. In den Skandal in Bergisch-Gladbach sollen rund 1800 Männer verwickelt sein, die Filme von schwersten Misshandlungen tauschten oder sich zu Übergriffen auf ihre eigenen Kinder verabredeten.
„Kinder werden in einigen Kreisen als Ware angesehen“
„Fassungslos“ ist auch die Grünen-Abgeordnete Verena Schäffer aus Witten angesichts der Grausamkeit, mit der sich Erwachsene an wehrlosen Kindern vergreifen. „Wir sehen nur die Spitze des Eisbergs“, sagte Schäffer und verwies auf Zahlen des Bundeskriminalamtes. Demnach sollen allein im Jahr 2018 rund 14.000 Fälle von sexueller Gewalt gegen Kinder registriert worden sein. Die meisten Übergriffe auf Kinder würden aber nicht erkannt. Schäffer: „Wir müssen weg von der Kultur des Wegsehens und hin zu einer Kultur des Hinsehens und Zuhörens.“ Kitas, Schulen, Vereine und Gemeinden müssten zu „Schutzzonen“ gemacht werden. „Kinder werden in einigen Kreisen als Ware gesehen“, sagte Britta Altenkamp (SPD).
Die Landespolitik hat nach dem Lügde-Skandal einige Maßnahmen für den Kinderschutz eingeleitet. NRW-Familienminister Joachim Stamp (FDP) treibt die Gründung einer Landesfachstelle Kinderschutz voran. Ein U-Ausschuss untersucht die Hintergründe der Taten von Lügde, im Innenministerium arbeitet eine Stabsstelle Kindesmissbrauch, das für diese Fälle zuständige Personal bei der Polizei wurde erhöht.
Kinderschutzorganisationen sind dennoch nicht zufrieden. So ärgert sich die Chefin der Kölner Beratungsstelle „Zartbitter“ darüber, dass viele der Opfer erst mit Verzögerung therapiert würden. Das sei „als wenn man ein Kind mit inneren Blutungen nach einem Unfall auf der Autobahn liegen ließe.“