Essen. Saarlands Ministerpräsident Tobias Hans bescheinigt der EU beim Politischen Forum Ruhr, außenpolitisch ins Hintertreffen zu geraten.

Die EU blüht im Inneren auf; gleichzeitig droht die Europäische Union außenpolitisch und wirtschaftlich ins Hintertreffen zu geraten: Es sind erkennbar ein weinendes und ein lachendes Auge, mit dem der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans auf den Zustand Europas blickt. Für den CDU-Politiker - am Montagabend Impulsredner beim Politischen Forum Ruhr in Essen - ist Europa dennoch eine Herzenssache. Doch nicht nur das.

Hans regiert als Nachfolger von CDU-Chefin und Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer seit März 2018 das Bundesland mit den wohl meisten Grenzerfahrungen. Eingezwängt zwischen Rheinland-Pfalz, dem französischen Lothringen und dem Großherzogtum Luxemburg bleibt dem kleinen Saarland mit seiner wechselvollen Geschichte wohl nichts anderes übrig, als grundeuropäisch zu denken.

Kein kraftvoller Akteur auf der Bühne der Weltpolitik

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Den zahlreichen Zuhörern in der Essener Philharmonie erspart Hans unangenehme Erkenntnisse nicht. Zwar habe es in Europa nie zuvor eine so lange Periode des Friedens, der Freiheit und des Wohlstandes gegeben.

Dennoch sei die Stagnation Europas derzeit unübersehbar. „Außen- und verteidigungspolitisch sind wir weit davon entfernt, ein kraftvoller Akteur auf der Bühne der Weltpolitik zu sein, der einem Wladimir Putin oder Xi Jinping die Stirn bieten und das von Donald Trump hinterlassene Vakuum füllen könnte“, so der 41-Jährige. Auf den Krisenherden der Welt spiele die EU allenfalls eine Statistenrolle. Ökonomisch und technologisch drohe der Anschluss an die USA und an China verloren zu gehen.

Hans bleibt jedoch positiv: „Europa blüht und gedeiht in den Grenzregionen, in denen sich das Zusammenwachsen Europas unaufhaltsam fortsetzt.“ Als Beispiel nennt er die Großregion Saarland, Lothringen, Luxemburg (SaarLorLux).

Europa der Regionen

Auch andere Redner des Abends betonen die Vorzüge der EU. Europa sei eine Wertegemeinschaft, sagt Bernd Tönjes, Moderator des Mitveranstalters Initiativkreis Ruhr und Chef der RAG-Stiftung. Theo Bovens, Gouverneur der niederländischen Provinz Limburg, fordert wie Klaus Gretschmann, Ex-Generaldirektor im EU-Ministerrat sowie der Belgier und EU-Regionalausschusspräsident Karl-Heinz Lambertz einen größeren Einfluss der Regionen in der EU-Politik.

Mark Speich sieht das ähnlich. Der NRW-Staatssekretär für Bundes- und Europaangelegenheiten betont in der von Jost Lübben moderierten Runde, dass Bundesländer wie NRW dafür sorgen müssten, in Brüssel auch unabhängig von Berlin gehört zu werden.