Düsseldorf. Anders als Amtsvorgängerin Kraft reist der CDU-Ministerpräsident mit dem Hubschrauber durch NRW. In Zeiten der „Flugscham“ ist das heikel.

Es klang nach harmlosem Oppositionsspott, als SPD-Landtagsfraktionschef Thomas Kutschaty neulich während einer Pressekonferenz das Reiseverhalten von Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) thematisierte. „Wir haben jetzt erfahren, dass Herr Laschet auch den Hubschrauber als Verkehrsmittel benutzt. Ein Beitrag zum Klimaschutz ist das nicht“, sagte Kutschaty.

Doch tatsächlich veröffentlichte die Landesregierung am Montag erstmals eine offizielle Statistik über die Helikopter-Flüge Laschets. „Seit seiner Amtsübernahme ist der Ministerpräsident in insgesamt 16 Fällen mit einem Hubschrauber zu einem amtlichen Termin befördert worden“, heißt es in der Antwort auf parlamentarische Anfrage der SPD wörtlich. Laschet mache „von dieser Möglichkeit nur äußerst restriktiv in besonderen Ausnahmefällen“ Gebrauch, beeilte sich eine Sprecherin der Staatskanzlei bereits am Wochenende – noch vor Veröffentlichung der Kleinen Anfrage - zu betonen.

Die Nutzung der Polizeifliegerstaffel ist der Landesregierung gestattet

Hubschrauber-Trips sind in Zeiten der Verkehrswende eben heikel. Wer als Normalbürger fürchten muss, mit seinem alten Diesel nicht mal mehr zur Arbeit zu kommen und den Mallorca-Urlaub aus „Flugscham“ streicht, hat womöglich wenig Verständnis für landesväterliche Helikopter-Flüge. Zumal die schwarz-gelbe Landesregierung nach dem Debakel um den Hambacher Forst eigentlich um ein neues Klima-Image bemüht ist.

Verboten sind Laschets Flüge nicht. Ein Erlass des Innenministeriums aus dem Jahr 2008 räumt sogar sämtlichen Mitgliedern der Landesregierung die Nutzung der Polizeifliegerstaffel ein. Die Staatskanzlei listete auf, dass die früheren Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers (33 Flüge zwischen 2005 und 2010) und Peer Steinbrück (29 Flüge zwischen 2002 und 2005) den Hubschrauber noch häufiger genutzt hätten.

Die SPD-Opposition hatte jedoch nur nach der Praxis von Laschets unmittelbarer Amtsvorgängerin Hannelore Kraft (SPD) gefragt. Diese hatte es nämlich geschafft, NRW sieben Jahre lang ohne einen einzigen Helikopter-Flug zu regieren. Verärgert zeigte man sich bei der SPD über das erkennbar gezielt gestreute Gerücht, Kraft persönlich habe bloß „eine Abneigung“ gegen Hubschrauber-Flüge. „Das ist Quatsch. Frau Kraft hat keine Angst vor Flügen mit dem Hubschrauber“, erklärte ein Sprecher. Tatsächlich ist die frühere Ministerpräsidentin eher als Vielfliegerin bekannt, die schon viele Kontinente intensiv erkundete und mehrere Sprachen fließend spricht.

Wohin Laschet genau mit dem Helikopter in NRW fliegt, bleibt unklar

Wohin Laschet genau geflogen ist, will die Landesregierung nicht preisgeben, „da ansonsten Rückschlüsse auf Bewegungsprofile möglich wären“. Offenbar steuerte der Hubschrauber aber auch kürzere Wege innerhalb von Nordrhein-Westfalen an. „Während Pendler in NRW in immer längeren Staus stehen, ist es mehr als unpassend, zu einem Jugendreitturnier für einen Kurzbesuch mit dem Hubschrauber einzufliegen. Das ist abgehoben“, schimpfte der SPD-Abgeordnete Dennis Maelzer.

Grünen-Fraktionschefin Monika Düker mahnte: „Wir erwarten, dass der Ministerpräsident seine dienstlichen Flüge mit dem Hubschrauber auf notwendige Ausnahmen beschränkt. Eine vorausschauende Terminplanung sollte dies möglich machen.“

Der Bund für Natur und Umweltschutz (BUND) rechnete vor, dass ein 6-Sitzer-Helikopter locker 150 Kg Kerosin pro Flugstunde verbrauche. Inklusive spritfressender Start- und Landephase müsse man einen CO2-Ausstoß pro Flugstunde von 750 bis 1.000 kg veranschlagen. Der Ministerpräsident habe eine „Vorbildfunktion“, sagte BUND-Geschäftsführer Dirk Jansen und kritisierte: „Mit seinem Hang zur Fortbewegung mit dem Heli schickt er der Klimabewegung auf den Straßen ein deutliches Signal: Protestiert ihr nur, wir machen weiter wie bisher. Oder will sich Laschet aus der Luft einen guten Überblick über das Versagen seiner Landesregierung in Sachen Mobilitätswende verschaffen?“