Essen. Seit langem wartet die Wirtschaft auf die Sanierung des Wesel-Datteln-Kanals im Ruhrgebiet. Nun sorgt der Bund für ein beschleunigtes Verfahren.

Bei der lang erwarteten Sanierung des maroden Wesel-Datteln-Kanals gibt es offenbar einen Durchbruch. Das Bundeskabinett in Berlin brachte am Mittwoch ein Gesetz zur Beschleunigung von großen Infrastrukturprojekten im Bundesgebiet auf den Weg. Auf der Liste der insgesamt zwölf Projekte findet sich als einzige Maßnahme aus dem Ruhrgebiet der zu den wichtigsten Wasserstraßen Europas zählende Kanal im nördlichen Revier.

Mit dem neuen Gesetz werden die zwölf Verkehrsprojekte aus dem üblichen langwierigen Genehmigungsverfahren herausgelöst und direkt der Zuständigkeit des Bundestages unterstellt. Damit solle erprobt werden, ob die Genehmigung von Verkehrsprojekten durch das Parlament, nicht mehr durch Behörden, zu einer größeren Akzeptanz der Projekte beiträgt und die oft jahrelangen Planungs- und Genehmigungszeiten verkürzt werden können. Im Fall des Wesel-Datteln-Kanals rechnet Oliver Wittke (CDU), Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, mit einer Zeitersparnis von mehreren Jahren. „Dadurch erhalten die Industrieunternehmen in der Region die Sicherheit, Waren und Produkte weiter verlässlich über die Wasserstraßen transportieren zu können“, sagte Wittke, der auch Chef der Ruhr-CDU ist, dieser Redaktion.

Der Zustand des Kanals gilt als schlecht. Sechs Schleusen und deren Nischenpoller sind marode, der Schiffsverkehr stark eingeschränkt. Um Schiffe beim Schleusungsvorgang zu sichern, mussten sogar „Festmacher“ eingestellt werden. Auch die Brücken über dem Kanal sind reparaturbedürftig.

Der rund 60 Kilometer lange Kanal, der den Dortmund-Ems-Kanal mit dem Rhein verbindet, ist insbesondere für die Chemiebranche von Bedeutung. Vor allem der Chemiepark Marl mit seinen 10.000 Beschäftigten und rund 3,5 Millionen Tonnen Schiffsumschlag pro Jahr ist auf die nach dem Rhein meistbefahrene Wasserstraße Deutschlands angewiesen. Der Verbundstandort ist die größte Produktionsstätte des Essener Chemiekonzerns Evonik, der seit langem den schlechten Zustand der Schleusen anprangert. „Entscheidend ist, dass die Schleusen schnell repariert werden“, sagte Evonik-Chef Christian Kullmann erst kürzlich im Interview mit der WAZ.

Das neue „Maßnahmengesetz“ der Bundesregierung soll nun Abhilfe schaffen. Zu den weiteren Projekten, die in ein beschleunigtes Planverfahren gehen sollen, zählt unter anderem der Ausbau der Bahnstrecken Bielefeld - Hannover und Viersen - Venlo sowie die Vertiefung des Nord-Ostsee-Kanals in Schleswig-Holstein.