Essen. Eine Kooperation zwischen Münster und Essen soll Erfolge wie bei Elena Prokhorenko (60) hervorbringen. Sie lebt glücklich trotz Pankreaskrebs.

Tränen liefen seit der Diagnose nur ein einziges Mal über Elena Prokhorenkos Wange. Als ihr die Haare wegen der Chemotherapie ausfielen. „Eigentlich“, sagt die 60-Jährige, „bin ich der Meinung, dass weinen nichts bringt.“ Dabei wurde 2017 die tödlichste Krebsform bei ihr diagnostiziert: ein Pankreas-Karzinom, Krebs der Bauchspeicheldrüse. Und er streute schnell. 62 Metastasen wurden gefunden. „Der Radiologe bezeichnete es als Sternenhimmel“, erinnert sich Prokhorenko.

Hugo van Aken, Direktor des Uniklinikums Münster (l.), Annette Storsberg, Staatssekretärin im NRW-Wissenschaftsministerium (Mitte) und Jochen A. Werner, Direktor des Uniklinikums Essen, versprechen sich viel von der neuen Zusammenarbeit.
Hugo van Aken, Direktor des Uniklinikums Münster (l.), Annette Storsberg, Staatssekretärin im NRW-Wissenschaftsministerium (Mitte) und Jochen A. Werner, Direktor des Uniklinikums Essen, versprechen sich viel von der neuen Zusammenarbeit. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

Damit, dass Pankreastumore nach einer Zeit oft resistent gegen die Chemotherapie werden, wollte sich die Deutsch-Ukrainerin nicht abfinden. Also suchte sie nach Alternativen – und fand eine fast direkt vor der Haustür. Am Uniklinikum in Essen suchte Dr. Jens Siveke Teilnehmer für eine klinische Studie. Die Probandenbeschreibung traf haargenau auf Prokhorenko zu – und die neuartigen Arzneimittel schlugen bei ihr an. Jetzt ist der eigentlich so tödliche Tumor nicht mehr sichtbar. „Und der Sternenhimmel ist jetzt voll bedeckt mit Wolken“, sagt Elena Prokhorenko.

„Historischer Tag“ im Kampf gegen Krebs

Ob die Essenerin von der Studie am Klinikum erfahren hätte, man ihr hätte helfen können, wenn sie in einem nordrhein-westfälischen Randbezirk gelebt hätte? Immer mehr Patienten mit schweren oder seltenen Krebserkrankungen sollen in NRW eine maßgeschneiderte Therapie erhalten – ganz egal, ob sie ein onkologisches Spitzenzentrum in der Nähe haben.

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Mit diesem Ziel im Blick haben leitende Krebsmediziner der Unikliniken Essen und Münster am Mittwoch (16.10.) eine Kooperationsvereinbarung unterzeichnet. Mit millionenschwerer Förderung vom Wissenschaftsministerium soll die neue Zusammenarbeit „einen wichtigen Baustein für die Krebsmedizin in NRW“ bilden, wie es Staatssekretärin Annette Storsberg formulierte. Jochen A. Werner, Direktor der Uniklinik Essen, sprach gar von einem „historischen Tag“ im Kampf gegen Krebs.

Nicht nur Unikliniken zwischen Revier und Westfalen sollen vernetzt werden

Patienten sollen durch das Netzwerk profitieren, indem sie etwa von Münster aus auf die Expertise in Essen vertrauen können. Bei komplizierten Krebsdiagnosen sollen Meinungen von Fachärzten, Biologen, Chemikern oder Physikern ausgetauscht werden. „Es geht um schnellen Zugang von Informationen“, erklärt Dirk Schadendorf, Direktor des Westdeutschen Tumorzentrums.

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Etwa 37.000 Krebspatienten können künftig jährlich über das Netzwerk versorgt werden. Essen soll dabei das Ruhrgebiet abdecken, Münster Gebiete bis zur niedersächsischen Nordseeküste. Dabei wollen die Unikliniken sich nicht nur untereinander austauschen, sondern „alle Standorte einbeziehen, an denen Krebs behandelt wird“, erklärt Klinikdirektor Werner. Durch digitale Vernetzung soll es möglich werden, Fachkenntnis und Behandlungsdaten nach Kliniken „bis in die Peripherie“ zu tragen. Zudem sollen sich nach Münster und Essen langfristig weitere Unikliniken vernetzen – so wie es auf rheinischer Seite bereits zwischen Köln, Aachen, Düsseldorf und Bonn im „Centrum für Integrierte Onkologie“ praktiziert wird.

Zwei Professuren für künstliche Intelligenz

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Nötige Voraussetzung dafür: ein professioneller Umgang mit künstlicher Intelligenz, um mit der Fülle an Daten aus beiden Häusern bestmöglich arbeiten zu können. Innerhalb des Netzwerks wurden deshalb für den Bereich der medizinischen KI zwei neue Professuren eingerichtet.

Elena Prokhorenko, die als Diplom-Physikerin selbst aus der Wissenschaft kommt, weiß, wie wichtig diese Vernetzung für die Forschung ist. „Man kann unmöglich alle Schwerpunkte in einem Haus erforschen“, weiß sie. Durch den Zusammenschluss von Westfalen und Ruhrgebiet verspricht sie sich, dass mehr Patienten so zielgerichtet geholfen werden kann wie ihr. „Wenn man das Wissen unter einem Dach bündelt, könnte das Patienten das Wichtigste schenken: ihr Leben.“