Neuss. Ob CDs, Festplatten oder USB-Sticks – Fünf Hunde der NRW-Polizei können jetzt auch Datenträger erschnüffeln. Es ist eine Reaktion auf Lügde.

Schnellen Schrittes bewegt sich „Herr Rossi“ in dem kleinen Zimmer, die Nase stets voran. Erstes Ziel, das offene Regal. Der dreijährige belgische Schäferhund schiebt einen Zeitschriftenberg in einem Fach beiseite und hält sofort still. Ein „Klick“-Geräusch ertönt. Freudig dreht sich „Herr Rossi“ um, Herrchen Wolfgang Lenzen wirft ihm ein Spielzeug zu. Unter den Zeitschriften hat der Schäferhund einen größeren Tablet-Computer erschnüffelt. Aufgabe erfüllt.

„Herr Rossis“ Durchsuchung findet an diesem Dienstagmorgen an keinem Tatort statt, sondern in einer präparierten Wohnung im Neusser Ausbildungszentrum des Landesamtes für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten (LAFP) der NRW-Polizei. Der belgische Schäferhund ist einer von fünf Datenspeicherspürhunden, die ab sofort der Polizei zur Verfügung stehen. In den vergangenen Wochen sind „Herr Rossi“, „Odin“, „Jupp“, „Ali Baba“ und „Theo“ an insgesamt 20 Lehrtagen darin ausgebildet worden, CDs, Festplatten, Speicherkarten, USB-Sticks, Smartphones und SIM-Karten zu finden. Insgesamt hat die NRW-Polizei 318 Diensthunde, die etwa Leichen, Drogen, Brandmittel und Bargeld erschnüffeln können.

Die Datenspeicherspürhunde sind Allrounder

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„Als Laie fasziniert mich, was diese Hunde leisten können. Ihr Eifer, die Freude und Konzentration ist beeindruckend“, sagt Innenminister Herbert Reul (CDU) bei der Vorstellung der fortgebildeten Vierbeiner. Bei der einzigen Hundedame der fünf Spezialisten, der dreijährigen „Ali Baba“, sind diese Eigenschaften in den vorbereiteten Wohnungen bestens zu erkennen. Die holländische Schäferhündin wuselt schnell durch den Raum. Es dauert nicht lange, bis sie das versteckte Handy im Computerregal gefunden hat.

Doch nicht nur Datenträger können die fünf Hunde erschnüffeln. „Es sind ausgebildete Rauschgiftspürhunde, die jetzt über diese zusätzliche Fertigkeit verfügen“, erklärt Carsten Pitzer, beim LAFP Fachkoordinator für das Diensthundewesen. Welche Gerüche es sind, die die Hunde auf die Fährte von Speichermedien bringen, „bleibt ein Betriebsgeheimnis“, so Pitzer.

Konsequenzen aus dem Fall in Lügde

„Herr Rossi“ auf der Suche nach elektronischen Gegenständen.
„Herr Rossi“ auf der Suche nach elektronischen Gegenständen. © FUNKE Foto Services | Lukas Schulze

Die Spezialausbildung der vierbeinigen Datenträger-Schnüffler ist eine Konsequenz aus der Pannenserie bei der Aufklärung des massenhaften Kindesmissbrauchs im lippischen Lügde. Damals musste extra Spürhund „Artus“ aus Sachsen angefordert werden, der dort für die Justiz Datenträger und Handys in Gefängnissen oder für den Zoll erschnüffelt. Der Belgische Schäferhund fand auf dem Campingplatz in Lügde tatsächlich in einer Sesselritze übersehene Beweismittel.

„Wir haben schnell erkannt, so etwas brauchen wir auch, und davon profitiert nun die ganze Polizei in Nordrhein-Westfalen“, sagt Reul. Die Behörde sei eine der ersten bundesweit, die solche spezialisierten Hunde habe. „Daher kann es auch sehr gut sein, dass sie länderübergreifend zum Einsatz kommen“, sagt Fachkoordinator Carsten Pitzer. Gehalten werden die Daten-Spürhunde in Köln und Recklinghausen. Von dort aus können sie von allen Polizeibehörden im Land angefordert werden. Dass die Vierbeiner sehr hilfreich sind, zeigt ein anderes Beispiel in NRW. Dort sind seit kurzem Datenspeicher-Schnüffler als Justiz-Hunde im Einsatz. Testhund „Yam“ hat bereits zahlreiche Handys in Gefängnissen entdeckt.

Zehn Jahre im Job

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Bei den Einsätzen der Polizei seien bei den kommenden Einsätzen im Optimalfall mehrere Vierbeiner mit dabei. „Sie sind nämlich insgesamt nur eine bestimmte Zeit einsetzbar, dann lässt der Spürsinn an den Tatorten nach“, erklärt Pitzer. Insgesamt können die Vierbeiner den anspruchsvollen Job bis zu zehn Jahre erledigen. „Ein gut ausgebildeter Hund ist der beste Freund des Ermittlers und eine echte Erleichterung“, ist sich Innenminister Reul sicher.

In diesem Zusammenhang hebt er besonders die Leistung der Diensthundeführer hervor, diese seien eine besondere Sorte Mensch: „Sie nehmen die Hunde mit nach Hause, ziehen sie groß und nehmen sie oftmals sogar mit in den Urlaub.“ Ob er nicht so einen Hund Zuhause haben möchte? „Nein brauche ich nicht“, entgegnet der Innenminister, und schiebt mit einem Lachen hinterher: „Ich habe ja auch kein Rauschgift Zuhause.“