Dortmund. Die Angestellten der Casinos in NRW haben Angst vor der Privatisierung und fordern sichere Jobs. Bekommt Automatenkönig Gauselmann den Zuschlag?
Die Beschäftigten der vier Spielbanken in NRW wehren sich gegen die geplante Privatisierung der Casinos und kämpfen um ihre Arbeitsplätze. Ich erkenne nicht, dass unsere berechtigten Interessen berücksichtigt werden“, sagte Michael Jütte vom Westspiel-Gesamtbetriebsrat am Dienstag zu Vertretern der SPD-Landtagsfraktion. Die rund 1000 Mitarbeiter von Westspiel wollen eine langfristige Arbeitsplatzgarantie. Ihre Betriebsräte warnen davor, dass der Spielerschutz in privaten Casinos wohl längst nicht so ernst genommen würde wie in den staatlichen. Außerdem sei die Privatisierung wirtschaftlich sinnlos, weil der Ertrag aus den Spielbanken in den vergangenen Jahren wieder stark zugenommen habe.
Unten dreht sich das Roulette, oben, unter dem Dach der Spielbank Hohensyburg, befürchten Betriebsräte, dass das Land NRW ein übles Spiel mit ihnen plant, in dem sie nur verlieren können. Am Dienstag sprachen Arbeitnehmervertreter der vier noch-staatlichen Spielbanken in Dortmund-Hohensyburg, Aachen, Bad Oeynhausen und Duisburg mit SPD-Landtagsfraktionschef Thomas Kutschaty über ihre Sorgen.
Geschäftsergebnisse werden wieder besser
„Hochgradig defizitär“ waren die Casinos früher, wie die Landesregierung sagt. Das klassische Glücksspiel in Spielbanken schien angesichts der vielen Online-Angebote aus der Mode gekommen zu sein. Da liegt es für das Land NRW nahe, das Glück mit einer Privatisierung der Spielstätten zu suchen. Ein Gesetzentwurf liegt auf dem Tisch, bis Ende 2020 könnte in NRW ein neues Spielbankgesetz in Kraft treten. Ziel: Ein einziger Konzessionsinhaber für die vier Casinos plus zwei weitere, deren Standorte sich der Investor praktisch aussuchen könnte. Immer wieder ist in diesem Zusammenhang von der Gauselmann-Gruppe die Rede. Das ist der bekannteste Hersteller von Spielautomaten in Deutschland.
Das Familienunternehmen aus Ostwestfalen führt schon zehn Spielbanken in drei Bundesländern. „Wenn sich die gesetzliche Grundlage in NRW ändert und es Ausschreibungen geben wird, beteiligen wir uns natürlich“, hatte Firmenchef Paul Gauselmann im Sommer vor seinem 85. Geburtstag gesagt. „Die Wahrscheinlichkeit, dass ein großer Automatenaufsteller unser nächster Arbeitgeber ist, ist hoch“, sagte Gesamtbetriebsratsvorsitzender Jens Hashagen.
Seit 2015 keine Gehaltserhöhung mehr
Am liebsten würden die Croupiers, Aufsichtskräfte, Kassierer und Bedienungen weiter für Westspiel arbeiten, Dieses Unternehmen gehört dem Land über die NRW-Bank. Defizitär sei der Spielbetrieb heute nicht mehr, versichern die Betriebsräte. „Die Zahlen gehen durch die Decke“, versichert Michael Jütte. Der Bruttospielertrag von Westspiel NRW lag im Jahr 2015 bei rund 80 Millionen Euro. Für 2019 werden laut den Betriebsräten 115 Millionen Euro angepeilt. Neue und strengere Regeln für private Spielhallenbetreiber hätten das Daddeln dort wieder unattraktiver gemacht. Die Kunden entdecken das Casino wieder.
Schmerzhafte Einschnitte hätten die Mitarbeiter akzeptieren müssen. „Seit 2015 hat es keine Gehaltserhöhungen mehr gegeben“, erklärt Jens Hashagen. Ein Berufsanfänger erhält nicht viel mehr als den Mindestlohn. Im Schnitt verdienen die Beschäftigten etwa 2300 Euro netto im Monat. Wenn die Casinos schon feilgeboten werden, dann fordern die Mitarbeiter wenigstens eine lange Jobgarantie. Sechs Jahre sollten es sein. Die will das Land aber partout nicht gewähren. Zwei Jahre, vielleicht etwas mehr, wären drin. Im Grunde ist das eine Angelegenheit zwischen den Tarifparteien, findet das Land. Fast scheint es, als dürfe das Verkaufspaket nicht zu teuer werden, damit Investoren nicht das Interesse verlieren. „Die Braut wird hübsch gemacht“, sagt Elisabeth Müller Witt, SPD-Landtagsabgeordnete. Mitarbeiter, die praktisch unkündbar sind, stören da nur.
Geschult im Spielerschutz
Westspiel-Mitarbeiter seien Profis für den Schutz der Spieler, versichern diese. Sie würden umfassend geschult, um "Problemspieler", die Haus und Hof verzocken, zu erkennen und zu beraten. Der „bestmögliche Spielerschutz“ gehört zu ihren Grundaufgaben. „Pathologische Glücksspieler erkennen wir sofort“, versichern sie. Ob das in privaten Casinos so streng gehandhabt wird wie in den öffentlichen, müsse bezweifelt werden. Die Vergütung der leitenden Angestellten von Casinos sollte daher unabhängig vom Umsatz bleiben. Die Idee dahinter: Ein Chef, der einen Vorteil davon hat, dass Gäste viel Geld verspielen, wird nicht dazu neigen, einen „Problemspieler“ zu sperren.
„Die staatliche Trägerschaft von Casinos wäre die bestmögliche“, sagte SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty. Wenn die nicht zu retten sein sollte, müssten zumindest die Interessen der Mitarbeiter besser berücksichtigt werden. NRW-Finanzminister Lutz Lienenkämper (CDU) hatte versprochen, dass ein neues Spielbankengesetz den Schutz der Spieler und die Interessen der Casinomitarbeiter nicht außer Acht lasse.