Düsseldorf. Flugzeug-Taufe in der Klimadebatte? Für Politiker kein Goldrand-Termin. Warum Ministerpräsident Laschet dennoch dem Airbus “Aachen“ Pate stand.

Armin Laschet gießt den Schaumwein fast behutsam über die Flanke des blank polierten Airbus „A321 neo“. Flugzeug-Taufen sind heute kein krachendes Ritual mehr. Der Ministerpräsident und gebürtige Aachener Laschet ist an diesem Montagmorgen als Pate der neuen Lufthansa-Maschine „Aachen“ aufs Rollfeld des Düsseldorfer Flughafens gekommen. Es sei eine gute Gelegenheit, „technische Meisterleistungen aus der Nähe zu bestaunen“, sagt er. Und betont: „Das Modell ist sparsamer, leiser und klimafreundlicher als die Vorgängermodelle.“

In Zeiten der „Flug-Scham“ und der allgegenwärtigen Rechtfertigungsdebatten über umweltschädliche Kurztrips sind dies für Politiker keine Goldrand-Termine mehr. Was hätte die Landespolitik noch vor zwei, drei Jahren für ein Fass aufgemacht, wenn sich Lufthansa-Chef Carsten Spohr mit einem neuen 100 Millionen Euro-Flugzeug in Düsseldorf ankündigt, das allein 100 Arbeitsplätze dauerhaft sichert? „Jede dieser Investitionen ist ein mittelständisches Unternehmen“, betont Spohr. Der Flughafen der Landeshauptstadt ist überdies einer der wichtigsten Arbeitgeber an Rhein und Ruhr. Die NRW-Airports zählen insgesamt jährlich mehr als 21 Millionen Passagiere.

Laschet spottet über Klimaschützer, die selbst am meisten fliegen

Airbustaufe in Düsseldorf

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    Am Montagmorgen wird das Kurz- und Mittelstrecken-Flugzeug „Aachen“ jedoch eher mit kleinem protokollarischen Besteck offiziell in Dienst genommen. Hatte nicht Laschet selbst vergangene Woche noch ausdrücklich einen beherzten Ausbau der ICE-Trassen nach Berlin gefordert, damit man nicht mehr so oft in die Hauptstadt fliegen müsse? Zugleich will der Ministerpräsident als Taufpate offenbar klarstellen, dass er Klimaschutz nicht allein als Verbotspolitik versteht. „Das Fliegen wird nicht verschwinden und deshalb muss das Ziel sein, diese Form der Mobilität so zu ermöglichen, dass sie mit den Klimschutzzielen in Einklang gebracht werden kann“, findet er. Ironisch streift der Ministerpräsident die gegenwärtige Verlogenheit vieler Öko-Helden: "Ich habe jetzt mal gelesen, dass diejenigen, die besonders für Klimaschutz eintreten, am meisten fliegen.“

    Lufthansa-Chef Spohr stößt wenig überraschend ins gleiche Horn: Es könne keine Diskussion geben Mobilität oder Klimaschutz. „Ein Bundesland wie Nordrhein-Westfalen, das so sehr am Export hängt, ist ohne Luftverkehr nicht wettbewerbsfähig.“ Der Airbus 321neo soll rund 25 Prozent weniger Treibstoff verbrauchen und nur noch halb so laut sein wie seine Vorgängermodelle.

    In Europa werden viele unnötige Umwege geflogen

    Lufthansa will mit 40 Maschinen dieses Typs seine Flotte ergänzen. Statistisch werde man als Konzern zehn Jahre lang alle zwei Wochen ein neues Flugzeug verschiedener Typen und Hersteller in Betrieb zu nehmen, was Investitionen pro Jahr von rund 3,5 Milliarden Euro bedeute. „Das ist unser Beitrag zum Umweltschutz“, erklärt Spohr.

    Der Lufthansa-Chef, der aus Herne stammt, sagt für die Luftfahrtbranche einen tiefgreifenden Strukturwandel wie im Ruhrgebiet voraus. Die Entwicklung von synthetischem, Co2-freiem Treibstoff müsse an Orten mit viel Ökostrom forciert werden. Außerdem könne der europäische Luftraum besser organisiert sein, um Flugmeilen zu sparen. „Es ist immer noch ärgerlich, dass ungefähr zehn Prozent der Luftfahrt in Europa völlig unnötig stattfindet, weil Umwege geflogen werden“, so Spohr.

    Europas Luftverkehr könne „vielleicht sogar, was Ökologie angeht, das Beispiel auf der Welt sein, wie man Strukturwandel gestalten kann und weiterhin Mobilität gewährleistet, ohne das mit schlechtem Gewissen in Anspruch zu nehmen“, glaubt der Lufthansa-Chef. Die Vorstellung gefällt auch Laschet: „Deshalb brauchen wir auch da mehr Europa.“ Dann wünscht der Ministerpräsident der Crew nur noch: „Always happy landing.