Düsseldorf. Apartheid hieß die Rassentrennung in Südafrika. Ein Bündnis glaubt, dass es in NRW „Bildungsapartheid“ gibt. Viele Schüler würden benachteiligt.

Ein neues Bündnis aus bisher 20 Gesamt- und Sekundarschulen fordert die NRW-Landesregierung auf, Schulen „in prekären Lagen“ finanziell besonders zu fördern und mit 25 Prozent mehr Personal auszustatten. „Ungleiches muss ungleich behandelt werden. Die Situation an Schulen in benachteiligten Vierteln wird immer schlimmer“, sagte Rainer Dahlhaus, einer der Sprecher des Bündnisses „Schule hoch drei“, im Landtag. Hinter der Initiative steht der Verein „GGG“, der die Interessen der Gesamtschulen vertritt. Er lädt andere Schulformen ein, sich an dem Protest zu beteiligen.

Das Bündnis kritisiert die „Talentschul-Förderung“ der Landesregierung. Von diesem Schulversuch sollen 60 Schulen in Stadtteilen „mit besonderen Herausforderungen“ profitieren. Dies reiche bei weitem nicht. Hunderte Schulen in NRW benötigten diese Hilfe. Von dem Schulversuch seien keine neuen Erkenntnisse zu erwarten. Die Gründe, warum vielerorts Schüler benachteiligt sind, seien längst bekannt.

Maßnahmen gegen die „Bildungsapartheid“

Drastischer könnte die Wortwahl nicht sein: Von „Bildungsapartheid“ in NRW spricht das von Gesamt- und Sekundarschulen getragene neue Bündnis „Schule hoch drei“. Apartheid hieß das politische System der Rassentrennung in Südafrika. An Rhein und Ruhr gebe es eine harte soziale Trennung zwischen Schülern und Schulen in benachteiligten und solchen in bürgerlichen Stadtteilen. Diese Unterschiede müssten überwunden, die Benachteiligten „ungleich“ – also besser – behandelt werden.

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Es geht um Schulen in heruntergekommenen Quartieren, von denen viele selbst baufällig sind, erklärte Dorothee Kleinherbers-Boden, Leiterin einer Gesamtschule in Wuppertal. Laut der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) gibt es in NRW rund 1000 Schulen, darunter 500 Grundschulen, in besonders benachteiligten Statteilen. „Armut kennzeichnet den Alltag vieler Kinder dort, an manchen Schulen sprechen 80 Prozent der Kinder zu Hause nicht deutsch, in den oft viel zu großen Klassen an den Gesamt- und Sekundarschulen sitzen bis zu drei Kinder mit besonderem Förderbedarf“, schilderte Kleinherbers-Boden am Montag im Landtag. Freie Stellen blieben lange unbesetzt, weil viele Lehrer kein Interesse hätten, sich für solche Arbeitsplätze zu bewerben.

Mehr Personal kostet viel Geld

Eine lange (und teure) Liste mit möglichen Maßnahmen gegen diese Zustände hat das Bündnis geschrieben. Allein eine 25-Prozent-Aufstockung des Personals an betroffenen Gesamt- und Sekundarschulen würde jährlich 95 Millionen Euro zusätzlich kosten. „Die Umstellung vom acht- auf das neunjährige Gymnasium kostet etwa doppelt so viel“, beteuert Rainer Dahlhaus von der Gemeinnützigen Gesellschaft Gesamtschule (GGG).

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Die Essener Gesamtschulleiterin Julia Gajewski forderte unter anderem, dass Lehrer vom Land NRW künftig in solche Schulen geschickt werden sollen, um Stellen zu besetzen. Pädagogen müssten außerdem durch Anreize wie eine bessere Bezahlung und bessere Beförderungschancen zur Arbeit in benachteiligten Schulen motiviert werden. Und die vielerorts maroden Gebäude benötigten eine neue Landes-Initiative für Schulbauten. „In manchen Schulen sieht es immer noch so aus wie 1972“, so Gajewski.

SPD fordert einen Sozialindex für alle Schulen

SPD-Schulexperte Jochen Ott (SPD) erneuerte die Forderung seiner Fraktion, einen „schulscharfen Sozialindex“ einzuführen. Damit wird gemessen, welche Schulen besonders förderungsbedürftig sind. Die Gewerkschaft GEW kritisiert schon lange die fehlende Chancengleichheit zwischen Schulen in bürgerlichen und benachteiligten Quartieren in NRW. Diese Ungleichheit müsse flächendeckend und nicht nur in einem kleinen Schulversuch abgebaut werden..