Düsseldorf. Die Landesregierung will auch weiterhin Kinder einschulen, die kein Deutsch sprechen. Kritik an Vorstoß von CDU-Fraktionsvize Linnemann.
Die NRW-Landesregierung hat der Forderung nach einem Einschulungsverbot für Kinder mit mangelnden Deutsch-Kenntnissen eine klare Absage erteilt. „Der Vorschlag, Kinder nicht einzuschulen, sofern sie noch kein oder nur wenig Deutsch können, widerspricht der Schulpflicht und dem Integrations- und Bildungsauftrag von Schule“, sagte Schul-Staatssekretär Mathias Richter (FDP) unserer Redaktion. NRW verfolge den Ansatz, die Sprachförderung breit aufzustellen und Defizite der Kinder durch verschiedene Maßnahmen auszugleichen, „anstatt einzelne Schülerinnen und Schüler von vornherein auszuschließen“, so Richter.
Der CDU/CSU-Fraktionsvize im Bundestag und Vorsitzende des Wirtschaftsflügels der Union, Carsten Linnemann, hatte zuvor in der „Rheinischen Post“ Konsequenzen für Erstklässler mit schlechten Deutsch-Kenntnissen gefordert. „Um es auf den Punkt zu bringen: Ein Kind, das kaum Deutsch spricht und versteht, hat auf einer Grundschule noch nichts zu suchen“, sagte Linnemann und brachte eine nicht genauer definierte „Vorschulpflicht“ ins Gespräch.
Auch CDU-Staatssekretärin kritisiert Vorstoß des Parteifreundes
Auch Integrations-Staatssekretärin Serap Güler (CDU) verwies bei Twitter auf die gesetzliche Schulpflicht unabhängig vom Sprachvermögen. Dies habe „nichts mit falsch verstandener Toleranz zu tun“. Zugleich verwies Güler bissig darauf, dass Parteifreund Linnemann weder Experte für Integrations- noch für Bildungspolitik sei: Statt sich um drängende ökonomische Fragen im Bund zu kümmern, diskutierten „unsere Wirtschaftspolitiker lieber über Grundschulverbote“.
Linnemann bezog sich auf angebliche Ergebnisse von Sprachtests in Duisburg, denen zufolge über 16 Prozent aller künftigen Erstklässler der Stadt gar kein Deutsch sprächen. Tatsächlich sind es aber lediglich 16 Prozent der Kinder mit Migrationshintergrund.
Zwei Jahre vor der Einschulung wurden zuletzt alle Kinder in NRW dem Sprachstandstest „Delfin 4“ unterzogen. Etwa ein Viertel von ihnen wies Förderbedarf auf. Wieviele Kinder jedoch am Tag der Einschulung so wenig Deutsch verstehen, dass sie dem Unterricht nicht folgen können, wird landesweit gar nicht erfasst.
GEW kritisiert Forderung als „populistischen Unsinn“
Die Lehrergewerkschaft GEW bezeichnete den Linnemann-Vorstoß als „populistischen Unsinn“. GEW-Landesvize Sebastian Krebs pochte im Gespräch mit unserer Redaktion darauf, dass die Sprachförderung von Kindern einBildungsauftrag der Grundschule bleiben müsse. „Die Schulpflicht gilt für alle. Die Politik muss dafür sorgen, dass die Grundschulen so ausgestattet werden, dass sie die erforderliche Unterstützung beim Erlernen der deutschen Sprache auch leisten können.“