Düsseldorf. Der „Girls’-Day“ und der „Boys’-Day“ haben nicht funktioniert. Nun experimentiert NRW mit einer „Akademie“ für Jungen und Mädchen.
Seit Jahren veranstaltet das Land NRW so genannte „Girls’-“ und Boys’-Days“, an denen Mädchen in typische Männer- und Jungs in typische Frauenberufe reinschnuppern. Gebracht hat das allerdings nichts, wie NRW-Gleichstellungsministerin Ina Scharrenbach (CDU) am Freitag sagte. Mädchen und Jungen bevorzugen immer noch bestimmte Lehrstellen. Daher experimentiert das Land ab sofort mit „Girls’ and Boys’ Academies“, die nicht nur einen Tag, sondern ein ganzes Jahr lang oder sogar noch länger wirken sollen.
Die ersten „Akademien“ gehen in Düsseldorf, Gelsenkirchen, Hamm, Gummersbach und Blomberg an den Start. Der Anteil der Jungs, die sich zu medizinischen Fachangestellten ausbilden lassen möchten, lag 2018 bei 2,2 Prozent. Unter den angehenden, Sanitär- und Heizungstechnikern waren hingegen 98,4 Prozent Männer. Jungs möchten Kfz-Mechatroniker werden, Mädchen lieber Friseurin oder Zahntechnikerin. Sämtliche Appelle, etwas daran zu ändern, und die vielen Schnuppertage liefen ins Leere.
„Ein Tag reicht nicht“
„Ein Tag reicht nicht“, so die Ministerin. Mit den Mädchen- und Jungs-Akademien soll der Kontakt mit vermeintlich „untypischen Berufen“ intensiver ausfallen. Die Wirtschaft wünscht sich das. „Wir können auf diese Weise eine Bindung zu den Schülern aufbauen“, erklärte ein Vertreter von Siemens.
60 Stunden lang – außerhalb der Schulzeit und über ein Schuljahr verteilt – sollen Jugendliche in den fünf „Pilotkommunen“ künftig Erfahrungen in für das jeweilige Geschlecht „untypischen“ Berufen sammeln. Jungs versuchen sich dann zum Beispiel als Erzieher, Mädchen als Technikerinnen. Das Land unterstützt diesen neuen Ansatz, die Bundesagentur für Arbeit und Unternehmen vor Ort, die auf der Suche nach Fachkräften sind. Fernziel ist, solche Akademien in ganz NRW anzusiedeln, sagte Ina Scharrenbach. Das Land erhofft sich, dass Mädchen vor allem Einblicke in die „Mint“-Berufe erhalten (Mathe, Informatik, Naturwissenschaft, Technik). Die Jungs lernen soziale und Gesundheitsberufe kennen.
Begleitung über mehrere Jahre
In Düsseldorf sollen 25 bis 30 Schüler der Klassen 8 bis 13 eine solche Akademie im Haus der Unternehmerschaft besuchen, und zwar über mehrere Jahre. Kooperationspartner ist hier Siemens. In Gelsenkirchen sind Schüler ab der 5. Klasse angesprochen. Die Akademie hat Räume im Haus der Arbeitgeberverbände Westfalen-Lippe. Auch hier werden 25 bis 30 Jugendliche über mehrere Jahre begleitet. Kooperationspartner ist der Technologiekonzern ZF Group. „Die Schüler erhalten einen praxisnahen Einblick in das Berufsleben mit Fokus auf die Chancengleichheit bei der Berufswahl“, sagte Karin Welge, Stadtdirektorin in Gelsenkirchen.