Düsseldorf. Nur 14 neue Windräder im 1. Halbjahr. Die Landesregierung wehrt sich gegen Vorwürfe und spricht von einer bundesweiten Entwicklung.

Der Windenergieausbau hat in Nordrhein-Westfalen ein Rekordtief erreicht, warnt der Landesverband Erneuerbare Energien (LEE). Im ersten Halbjahr dieses Jahres seien nur 14 neue Windräder mit einer Leistung von insgesamt 42 Megawatt (MW) errichtet worden. Das entspreche einem Einbruch um mehr als 80 Prozent im Vergleich zu den Vorjahreszeiträumen 2017 und 2018.

„Die Entwicklung gleicht einem Fadenriss und passt in keiner Weise zu den drängenden Ausbauerfordernissen der Energiewende“, sagte LEE-Geschäftsführer Jan Dobertin. Er warf der Landesregierung vor, „massive Einschränkungen“ für die Windenergie durchzusetzen und erinnerte an den neuen Landesentwicklungsplan, der einen Mindestabstand von Windrädern zu Wohngebieten von 1500 Metern und strenge Regeln für Windräder in Wäldern festschreibt.

Ausbau der Windenergie stockt in ganz Deutschland

LEE stützt sich auf Zahlen des Unternehmens Deutsche Windguard, das im Auftrag des Bundesverbandes Windenergie und der Fachverbandes Power Systems den Stand des Windenergie-Ausbaus ermittelte. Demnach kommt der Ausbau der Windenergie an Land in ganz Deutschland fast zum Erliegen. Auch bundesweit liege der Rückgang bei 82 Prozent. Im ersten Halbjahr seien nur 35 Anlagen dazu gekommen. Die Branchenverbände sprachen vom schlechtesten Wert seit Einführung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) im Jahr 2000.

Die Windkraftlobby in NRW erinnerte an die Energieversorgungsstrategie der Landesregierung, die eine Verdoppelung der Windenergie auf 10.500 Megawatt bis 2030 vorsieht. Dafür müssten jedes Jahr 170 Anlagen gebaut werden.

Viele Klagen und weitere Probleme

NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) nannte zwei Hauptursachen für den rückläufigen Ausbau der Windenergie in Deutschland: „Erstens führte ein vom Bund verursachter Fehler im Erneuerbare-Energien-Gesetz dazu, dass im Ausschreibungsjahr 2017 bundesweit über 90 Prozent der Förderzusagen an immissionsschutzrechtlich noch nicht genehmigte Projekte erteilt wurde“, so Pinkwart. Ein weiter Grund seien Klagen gegen bereits erteilte Genehmigungen sowie die nötigen Abstände der Windenergieanlagen zu sogenannten Drehfunkfeuern. „Militärische Gründe bei der Luftraumnutzung verhindern zudem, dass eine Vielzahl von Windenergieanlagen in NRW ans Netz gehen können.“

Pinkwart sieht Nordrhein-Westfalen sogar im Ländervergleich an guter Stelle: „Trotz eines Rückgangs an Inbetriebnahmen von Windenergieanlagen, der sich bereits 2018 deutschlandweit bemerkbar machte, wurde in Nordrhein-Westfalen noch vergleichsweise viel zugebaut“, sagte er dieser Redaktion. Alleine im ersten Halbjahr 2019 seien in NRW mehr Windenergieanlagen gebaut und genehmigt worden, als etwa in den von den Grünen mitregierten Ländern Hessen, Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg zusammen. „Auch in den Jahren zuvor lag unser Anteil bei der neu installierten Leistung deutlich über diesen Bundesländern“, erklärte der Minister.

In vielen Regionen in NRW wehren sich Bürger gegen neue Windanlagen. Die CDU hatte dies im Landtagswahlkampf 2017 zum Thema gemacht.

Heftige Kritik am Windenergie-Kurs der Landesregierung übten am Donnerstag die Grünen. Wibke Brems, energiepolitische Sprecherin der Grünen-Landtagsfraktion, warf Schwarz-Gelb vor, die Energiewende „mit Vorsatz gegen die Wand“ zu fahren.

Grüne: "Regierung handelt klimapolitisch verantwortungslos."

Die heute bekannt gewordenen Ausbauzahlen für Windenergie sind erschreckend und bestätigen unsere schlimmsten Befürchtungen“, sagte Brems. Die Landesregierung habe mit ihrem Vorhaben, einen Mindestabstand von 1500 Metern zur Wohnbebauung einzuführen, dazu beigetragen, dass der Windenergieausbau in NRW so gut wie zum Erliegen gekommen sei. Der Landesentwicklungsplan verschlimmere die Situation weiter. Diese Politik sei „klimapolitisch verantwortungslos“ und schade dem Wirtschaftsstandort NRW.

Windräder für Schwarzstörche abgestellt

Im ostwestfälischen Lichtenau (Landkreis Paderborn)bleiben übrigens wieder zehn Windräder ab sofort zehn Tage lang tagsüber abgeschaltet, damit drei Schwarzstorchenkinder ihre ersten Flugversuche unbeschadet überstehen. Der Schwarzstorch gehört zu den streng geschützten Vogelarten. Das Storchenpaar brütet immer wieder in der Nähe des dortigen Windparks Hassel.