Düsseldorf. . Für Betroffene ist es ein Drama, oft scheitern Beziehungen an der ungewollten Kinderlosigkeit. NRW will die Paare nun unterstützen.

Das Land Nordrhein-Westfalen wird ab 2019 Paare mit unerfülltem Kinderwunsch finanziell unterstützen. Für die teure medizinische Behandlung stellt die Landesregierung allein im kommenden Jahr insgesamt 3,7 Millionen Euro bereit. „Der Kinderwunsch darf nicht am Geld scheitern“, sagte NRW-Familienminister Joachim Stamp (FDP) am Dienstag.

Etwa jedes zehnte Paar in Deutschland zwischen 25 und 59 Jahren soll von ungewünschter Kinderlosigkeit betroffen sein, rechnet die Bundesregierung vor. Viele dieser Millionen Paare, die sich ein Kind wünschen, aber keines bekommen können, sind tief verzweifelt und hoffen auf medizinische Unterstützung. Aber die so genannte „assistierte Reproduktion“, also die Kinderwunschbehandlung beim Arzt, kostet so viel Geld, dass sich viele Betroffene mit niedrigen und mittleren Einkommen diese Hilfe gar nicht leisten können. Die Kosten erreichen nicht selten den Wert eines Kleinwagens.

Bis zu 5000 Euro für eine Behandlung

Für eine einzige In-vitro-Fertilisation (IVF) werden zwischen 2500 und 4000 Euro, für die Intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI) 3000 bis 5000 Euro fällig. In der Regel sind mehrere dieser Behandlungen nötig, weil die „Schwangerschaftswahrscheinlichkeit“ bei einer Behandlung nur bei 30 Prozent liegt. Seit der Gesundheitsreform im Jahr 2004 müssen verheiratete Paare mindestens die Hälfte der Kosten einer Kinderwunschbehandlung selbst tragen. Unverheiratete Paare erhalten gar keinen Zuschuss von den Krankenkassen.

NRW mildert den Kostendruck künftig deutlich und rechnet mit etwa 11.000 Anträgen von Betroffenen im Jahr. „Bei den verheirateten Paaren übernimmt NRW zusammen mit dem Bund die Hälfte des Eigenanteils“, sagte Joachim Stamp. Kostet eine Behandlung zum Beispiel 4000 Euro, dann liegt der Eigenanteil bei 2000 Euro, der Zuschuss dazu beträgt 1000 Euro. Unverheiratete Paare haben nur dann Aussicht auf Förderung, wenn sie in einer „verfestigten Lebensgemeinschaft“ leben. Sie bekommen vom Bund und von NRW 25 Prozent für den ersten bis dritten Behandlungs-Versuch und für den vierten Versuch maximal die Hälfte ihres Eigenanteils. Darüber hinaus gibt das Land NRW unverheirateten Paaren eine zusätzliche Pauschale von jeweils maximal 270 Euro für die ersten drei Versuche.

Bund, Länder und Krankenkassen streiten um die Kosten

Bund, Länder und Krankenkassen streiten seit vielen Jahren um die hohen Kosten für die Kinderschutzbehandlung. Dieser Streit sollte aber nicht auf dem Rücken der ungewollt Kinderlosen ausgetragen werden, findet Minister Stamp. Vergleichbare Unterstützungs-Angebote gibt es heute schon in den Ländern Berlin, Brandenburg, Hessen, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt.

Eine Studie des Bundesfamilienministeriums zur Kinderlosigkeit beschreibt, wie sehr viele betroffene Paare unter dieser Situation leiden. Oft kennen sie die Möglichkeiten einer Kinderwunschbehandlung nicht oder nur unzureichend. Viele Betroffene benötigten psychosoziale Beratung, verzichteten aber darauf.

Altersgrenze für Frauen und Männer

Anträge auf Förderung können NRW-Bürger ab Ende August online stellen. Infos, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, stehen auf den Internetseiten des Familienministeriums. Unterstützt werden Paare, deren Unfruchtbarkeit vom Arzt festgestellt wurde und bei denen eine Kinderwunschbehandlung Aussicht auf Erfolg hat. Frauen müssen zwischen 25 und 40 Jahren alt sein, Männer zwischen 25 und 50 Jahren.

Die Kinderwunschbehandlungen

Für die In-vitro-Fertilisation (IVF, lateinisch: „Befruchtung im Glas“) werden Eizellen aus den Eierstöcken der Frau entnommen. Außerhalb des Körpers werden sie in einer Glasschale mit Samenzellen zusammengebracht. Nach erfolgreicher Befruchtung werden eine oder mehrere Eizellen in die Gebärmutter der Frau eingebracht.

Die Intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI) wird angewendet, wenn Zustand und Beschaffenheit der Spermien für eine Befruchtung nicht ausreichen. Bei diesem Verfahren wird eine Samenzelle direkt in die zuvor aus dem Eierstock entnommene Eizelle injiziert. Die befruchtete Eizelle wird danach wieder in die Gebärmutter eingebracht.