Düsseldorf. CDU und FDP versprachen, die teure Prüfpflicht für Abwasserrohre auch Eigentümern in Wasserschutzgebieten zu ersparen. Passiert ist nichts.

Als der heutige Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) noch als Oppositionsführer im Land unterwegs war, gehörte die Klage über den umstrittenen Kanal-TÜV zu seinem Standard-Repertoire. „Es ist ein weiterer Beleg für die Regelungswut und den Vorschriftenwahnsinn von Rot-Grün. Natürlich müssen Abwasserrohre dicht sein. Die CDU setzt hier weiterhin auf Eigenverantwortung“, polterte Laschet dann unter dem sicheren Applaus seiner Zuhörer. Und skizzierte für den damals noch unwahrscheinlichen Fall der Regierungsübernahme eine ganz simple Lösung: „Die Prüfung von privaten Abwasserkanälen muss nur dann durchgeführt werden, wenn ein begründeter Verdacht besteht, dass sie undicht sind.“

Vor zwei Jahren schaffte es dann tatsächlich eine Formulierung in den Koalitionsvertrag von CDU und FDP, die Eigentümern rasche Abhilfe versprach: Eine verpflichtende Funktionsprüfung privater Abwasserkanäle solle es nur noch bei Neubauvorhaben, wesentlichen baulichen Veränderungen auf Grundstücken und „bei begründeten Verdachtsfällen“ geben.

2012 erhob sich schon mal ein Proteststurm gegen den Kanal-TÜV

Es wäre der letzte Schritt weg vom generellen Kanal-TÜV. Das Wasserhaushaltsgesetz von 1995 schrieb eigentlich vor, dass Hausbesitzer in NRW sämtliche rund 200.000 Kilometer private Abwasserkanäle bis 2015 auf Dichtigkeit überprüfen lassen müssen, damit keine Fäkalien oder Arzneimittelrückstände ins Grundwasser gelangen. Als die ersten Kommunen 2011 jedoch damit begannen, Hausbesitzern Termine für die verpflichtende Durchleuchtung mitzuteilen, erhob sich ein Sturm der Entrüstung.

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Die damalige Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) sprach 2012 schließlich ein Machtwort, so dass Rot-Grün die Prüfpflicht deutlich abschwächte. Statt 3,5 Millionen Hausbesitzer in NRW sollten „nur“ noch rund 400.000 in Wasserschutzgebieten bis spätestens Ende 2020 ein Spezial-Unternehmen beauftragen müssen. Es sind aber weiterhin nicht nur Hausbesitzer etwa in grünen Auen des Niederrheins betroffen, sondern auch in weiten Teilen von Köln, Düsseldorf oder in Essener Ruhr-Stadtteilen wie Kettwig, Überruhr, Steele oder Burgaltendorf. Viele Eigentümer wissen nicht einmal, dass sie in einer Wasserschutzzone leben.

Da nun die Sommerferien 2019 nahen und erste kommunale Wasserbehörden bereits wieder Briefe an Eigentümer verschicken, fragt sich nicht nur der Interessenverband „Haus & Grund“, wann denn endlich die von Laschet versprochene endgültige Lockerung kommt. Dafür müsste man schließlich nicht einmal ein Gesetz, sondern lediglich eine Rechtsverordnung ändern.

Umweltministerium bremst, Koalitionäre wollen rechtssichere "Verdachtsfälle"

Doch die zuständige Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) sieht offenbar auch Risiken. Gerade angesichts der Trockenheit des Bodens durch die anhaltende Hitze sehen ihre Experten mögliche Verunreinigungen durch undichte Rohre kritisch. „Wir sind in Gesprächen über eine Regelung zur Dichtheitsprüfung, die in Wasserschutzgebieten den angesichts der klimatischen Veränderungen gestiegenen Anforderungen gerecht wird, den Grundwasserschutz sicherstellt und zugleich die berechtigten Interessen von Hausbesitzern berücksichtigt“, erklärte eine Sprecherin auf Anfrage unserer Redaktion.

Die Experten von CDU und FDP wiederum wollen, dass ein „begründeter Verdachtsfall“ für eine verpflichtende Dichtheitsprüfung rechtssicher definiert wird, damit auf das Land nicht neue Streitigkeiten zukommen. So müssten Schadensbilder wie Verfärbungen des Bodens oder Ausschwemmungen festgelegt werden, die etwa bei Kanalarbeiten der Kommunen im öffentlichen Netz auffallen und den Hauseigentümer in die Pflicht nehmen können. Ob es eine Lösung noch vor der Sommerpause gibt?

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Der Kanal-TÜV ist auch deshalb so unpopulär, weil die Umweltgefährdung durch private Abwässer nicht hinreichend belegt scheint. Zudem kann die Durchleuchtung der Abwasserleitungen ins Geld gehen. Beim Kanal-TÜV führen zertifizierte Unternehmen eine Kamera über den Revisionsschacht in die Abwasserleitung, die bis zur öffentlichen Kanalisation führt. Per Infrarotbild sollen Risse aufgespürt werden. Anhand eines Bildreferenzkatalogs werden anschließend Schäden klassifiziert. Die reine Durchleuchtung per Kamera kostet nach Branchenangaben rund 250 Euro, Kritiker hingegen sprechen von 800 bis 1500 Euro. Die Sanierung schlägt laut Experten im Schnitt mit etwa 190 Euro pro Meter zu Buche. Die Kosten hängen jedoch von der Größe des Grundstücks und der Schwere des Schadens ab. Reparaturen sind im „Inline-Verfahren“ (Rohr im Rohr) möglich, so dass nicht der Bagger den Vorgarten aufreißen muss.