Düsseldorf. Regierungsfraktionen und Opposition verhaken sich bei der Frage, wie der Landtag den Campingplatz-Missbrauch aufarbeiten soll.
Die Regierungsfraktionen von CDU und FDP sowie die Opposition aus SPD und Grünen im Landtag haben sich überraschend auf keinen gemeinsamen Einsetzungsbeschluss für einen Untersuchungsausschuss zum massenhaften Kindesmissbrauch auf einem Campingplatz im ostwestfälischen Lügde verständigen können.
Nach wochenlangen Verhandlungen haben Schwarz-Gelb und Rot-Grün am Dienstagnachmittag jeweils unterschiedliche Anträge für die Plenarsitzung kommende Woche beim Landtagspräsidium eingereicht. Wenn keine Seite einlenkt, könnte es damit zur ungewöhnlichen Situation kommen, dass sich zwei Untersuchungsausschüsse mit demselben Sachverhalt parallel befassen. Die Unterhändler beider Lage sind noch bemüht, diese für den Landtag beschämende Situation bei einem so monströsen Verbrechen wie dem jahrelangen Kindesmissbrauch von Lügde in letzter Minute abzuwenden.
Die Opposition will vor allem NRW-Innenminister Reul ins Visier nehmen
Bei Untersuchungsausschüssen war eine fraktionsübergreifende Einigung in NRW bislang üblich, gerade wenn es um so große Komplexe wie die Kölner Silvesternacht, den Berliner Weihnachtsmarkt-Anschlag oder die NSU-Mordserie ging. Beim Fall „Lügde“ haben sich Schwarz-Gelb und Rot-Grün aber vor allem über die Reihenfolge der Themen des Untersuchungsausschusses zerstritten. Die Opposition will den Umgang der Landesregierung mit den Ermittlungspannen an den Anfang stellen und dabei vor allem NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) ins Visier nehmen. Die Regierungsfraktionen halten es für wichtiger, den seriellen Missbrauch auf dem Campingplatz chronologisch aufarbeiten.
Untersuchungsausschüsse haben gerichtsähnliche Befugnisse, können Zeugen vorladen und vertrauliche Unterlagen einsehen. Als Minderheitenrecht kann die Opposition mit einem Fünftel aller Landtagsabgeordneten eigenständig über Einsetzung und Inhalt entscheiden. Wenn der Landtag den U-Ausschuss „Lügde“ kommende Woche beschließt, könnten schon im Herbst die ersten Zeugen befragt werden. Die juristische Aufarbeitung vor dem Landgericht Detmold startet derweil in der kommenden Woche.