Essen. In 25 NRW-Städten wurden 2018 zu hohe Stickoxid-Werte gemessen. Dortmund gehört mit 51 Mikrogramm erstmals in die Kategorie „Intensivstadt“.

Trotz vieler Anstrengungen seitens der Städte sind die Stickoxid-Werte im vergangenen Jahr in 25 NRW-Städten zu hoch gewesen. Das geht aus den vom Umweltbundesamt veröffentlichten neuen Durchschnittswerten für das Jahr 2018 hervor. Zwar sanken in den meisten Städten die Werte, in einigen aber stiegen sie auch. Vor allem die Städte im Ruhrgebiet wiesen weiterhin hohe Werte auf. So wurde die Stadt Dortmund neu in die Kategorie „Intensivstadt“ aufgenommen. Hier wurde an der Brackeler Straße ein Jahresdurchschnittswert von 51 Mikrogramm Stickoxid (NO2) gemessen.

Bochum hingegen rutschte mit einem Wert von 48 Mikrogramm knapp aus der Liste der am stärksten betroffenen Städte. Der EU-Grenzwert liegt bei 40 Mikrogramm. Der Stickoxid-Wert ist maßgeblich für mögliche Fahrverbote, die aktuellen Werte dürften nach Ansicht von Experten die Debatte um gesperrte Straßenzüge erneut anheizen.

Deutsche Umwelthilfe behält sich weitere Klagen vor

Die Liste der Städte in NRW, die den EU-Grenzwert von 40 Mikrogramm Stickoxid überschreiten, ist weiterhin lang. Obwohl ihre Zahl seit 2017 von 28 auf 25 Städte sank, behält sich die Deutsche Umwelthilfe (DUH) vor, gegen weitere Kommunen Klagen einzureichen. „Wir erwarten, dass die Städte jetzt kurzfristige Maßnahmen ergreifen, um die Luftqualität zu verbessern“, sagte DUH-Verkehrsexpertin Dorothee Saar dieser Redaktion. Die DUH hat bundesweit bereits zahlreiche Städte wegen zu hoher Stickoxid-Werte verklagt.

Stickstoffdioxid-Belastung Ruhrgebiet
Stickstoffdioxid-Belastung Ruhrgebiet © funkegrafik nrw | Miriam Fischer

Intensivstädte mit Werten über 50 Mikrogramm waren 2018 in NRW Köln (59), Düren (54), Düsseldorf (54) und neuerdings auch Dortmund (51). Knapp darunter lagen mit 50 Mikrogramm Bonn und Hagen, gefolgt von Bochum, wo an der Herner Straße im Jahresmittel 48 Mikrogramm gemessen wurde. Weitere Städte mit Messwerten deutlich über dem Grenzwert von 40 Mikrogramm waren unter anderem Essen, Gelsenkirchen, Oberhausen, Witten, Herne, Duisburg und Mülheim. Stickoxide können als Schadstoffe in der Luft die Lunge schädigen. Als Hauptverursacher gelten die Abgase von Dieselmotoren.

Städte wehren sich gegen Fahrverbote

Die NRW-Landesregierung wertet die Daten als Fortsetzung des seit 2009 zu beobachtenden positiven Trends: „Dies zeigt, dass wir auf einem guten Weg sind und die Maßnahmen der Luftreinhaltung greifen“, sagte Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) dieser Zeitung. „Dieser positive Trend muss weiter an Fahrt aufnehmen.“ Die neuen Luftreinhaltepläne, die in einigen Kommunen erst Ende 2018 oder Anfang 2019 in Kraft getreten seien, würden bald Auswirkungen zeigen. Der Deutschen Umwelthilfe geht die Entwicklung indes nicht rasch genug voran: „Es geht in die richtige Richtung“, sagt Dorothee Saar, „doch das reicht nicht, zumal in einigen Städten die Werte sogar gestiegen sind.“ Insgesamt lägen die Stickoxid-Werte immer noch auf sehr hohem Niveau. Saar: „Es zeigt sich, dass ohne unsere Klagen nicht viel passiert wäre.“

Die DUH fordert die Nachrüstung von Dieselfahrzeugen und sieht hier den Bund in der Pflicht. Aber auch die Städte müssten mehr tun und Umweltzonen ausweiten sowie Fahrverbote für Diesel-Fahrzeuge mit hohem Stickoxid-Ausstoß verhängen.

Umweltbundesamt fordert Diesel-Nachrüstungen

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Die beklagten Städte erkennen das Problem, sehen aber Fahrverbote als unverhältnismäßig an. „Das würde uns ins Verkehrschaos stürzen“, sagte Thomas Kufen (CDU), Oberbürgermeister von Essen. Ähnlich argumentiert Gelsenkirchens Oberbürgermeister Frank Baranowski (SPD). Zwar müsse die Schadstoffbelastung weiter reduziert werden, doch Fahrverbote seien der falsche Weg. Durch Umwegfahrten würden unter dem Strich mehr Schadstoffe produziert.

Bereits Ende Januar hatte das Umweltbundesamt auf Grundlage erster Daten verkündet, dass die Belastung leicht gesunken sei. Ursachen seien unter anderem Tempolimits, Verkehrsbeschränkungen, modernere Fahrzeuge und Software-Updates.

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ARCHIV - Eine Abgaswolke kommt aus dem Auspuff eines Autos am 21.01.2005 in Köln (Nordrhein-Westfalen). Vor allem von Dieselautos kommt die Belastung mit dem Reizgas NO2. Ob die Städte mit einem Verkehrszeichen ein Fahrverbot für Dieselautos anordnen können, soll nun das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig klären. (zu dpa «Reizgas in Städten - Klagen gegen dicke Luft durch Diesel» vom 03.01.2017) Foto: Alexander Rüsche/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++ | Verwendung weltweit
Von Michael Kohlstadt, Christopher Onkelbach und Stephanie Weltmann

„Die bislang beschlossenen Maßnahmen reichen aber nicht aus“, meinte die Präsidentin des Umweltbundesamtes, Maria Krautzberger. „Neben den angelaufenen Software-Updates brauchen wir insbesondere eine schnelle Nachrüstung älterer Diesel-Pkw mit wirksamen Katalysatoren.“ Die rechtlichen Voraussetzungen zur Zulassung solcher Katalysatoren liege vor, erste Unternehmen hätten Anträge auch für Pkw gestellt. „Nun kommt es darauf an, dass der Genehmigungsprozess rasch durchlaufen wird“, mahnte Krautzberger.

Bundesweit war die Luft im vergangenen Jahr in 57 Städten zu stark mit Stickoxid belastet. Der Anteil der NRW-Städte ist demnach überproportional hoch. Die höchste Belastung hatte Stuttgart mit 71 Mikrogramm vor Darmstadt (67) und München (66).

Klagen gegen 14 Städte in NRW

Gegen die Luftreinhaltepläne in insgesamt 14 Städte in NRW hat die DUH Klagen eingereicht. Am Oberverwaltungsgericht Münster sind fünf Berufungsverfahren anhängig. Betroffen sind Essen, Gelsenkirchen, Aachen, Köln und Bonn. Eine Entscheidung wird in diesem Sommer erwartet.