Düsseldorf . Schulministerin Gebauer präsentiert einen „Aktionsplan“ gegen Kriminalität im Klassenzimmer. Doch das Ausmaß des Problems bleibt unklar.

Als Bildungsministerin Yvonne Gebauer (FDP) am Freitag einen „Aktionsplan“ der Landesregierung gegen Gewalt und Diskriminierung an Nordrhein-Westfalens Schulen vorstellt, räumt sie irgendwann ein, dass sie es „nicht so mit den Zahlen“ habe.

Tatsächlich ist auch nach 40 Minuten Pressekonferenz nicht richtig klar, welches Ausmaß die Kriminalität an den 6000 Schulen im Land eigentlich hat. Gebauer beschreibt einen Rückgang der angezeigten Fälle von Gewaltkriminalität an Schulen zwischen 2008 und 2016 von 1782 auf 897, räumt jedoch ein, dass es 2017 wieder einen „leichten Anstieg“ gegeben hat. Nach Zahlen ihres Ministeriums gab es 2017 exakt 1034, so dass der Anstieg so „leicht“ gar nicht war.

Gebauer spekuliert darüber, dass das Hochschnellen der Zahlen mit Taten im Bereich von „Cybermobbing“ zu tun haben könne, was gemeinhin aber nicht zur Gewaltkriminalität gerechnet wird. Vollends verwirrend wird es, wenn man die offiziellen Zahlen der Polizeilichen Kriminalitätsstatistik (PKS) aus dem Archiv kramt: Danach gab in NRW sogar 22.913 Straftaten mit der „Tatörtlichkeit Schule“. Davon allein 3146 Körperverletzungen.

Ministerin findet: „Die Schulen sind sichere Ort“

Im Verantwortungsbereich des Schulministeriums lägen jedoch nur 1034 Gewalttaten, während die Polizei auch solche „außerhalb des umfriedeten Geländes der Schule“ und in anderen Bildungseinrichtungen mitrechne, schob Gebauers Pressestelle erklärend nach. Die Ministerin bleibt der Auffassung: „Die Schulen in Nordrhein-Westfalen sind sichere Orte.“

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Da es aber neben alltäglicher Gewalt und Diskriminierung halt immer wieder zu erschütternden Taten kommt wie im vergangenen Jahr in Lünen, wo ein 15-Jähriger einen Mitschüler erstochen hat, will Gebauer mit einem Zehn-Punkte-Plan den Lehrern helfen.

Wichtigster Punkt: Nach den Sommerferien sollen 54 zusätzliche Beratungslehrer und Sozialpädagogen den schulpsychologischen Dienst in NRW unterstützen. Dort arbeiten aktuell 357 Kräfte, wovon das Land 189 finanziert und die Kommunen den Rest. Neu ist das nicht: Die Aufstockung um 54 hatte Gebauer schon im Oktober 2018 angekündigt.

Weitere 100 Schulpsychologen geplant

Zudem seien beim Finanzminister weitere 100 Schulpsychologen für den nächsten Landeshaushalt „angemeldet“, so die Schulministerin. Überdies würden Meldewege zwischen Jugendhilfe, Schule und Polizei verbessert und eine gesonderte Erfassung etwa von antisemitischen Straftaten auf den Weg gebracht. Die Gewerkschaften loben selbst solche „kleinen Schritte“. Denn sie kennen konkrete Zahlen: „In NRW berichtet jede dritte Schulleitung über Gewalt gegen Lehrkräfte“, erklärt der Landesvorsitzende des Verbands Bildung und Erziehung (VBE), Stefan Behlau. (Weiterlesen: Hinterhalt gegen Lehrer: Schülern droht empfindliche Strafe)