Dortmund. Im Ruhrgebiet entsteht Europas Forschungszentrum für „Blockchain“-Technologie. Warum dies auch Auswirkungen auf Ihre Stromrechnung haben könnte.
Die NRW-Landesregierung bereitet die Gründung eines europäischen „Blockchain“-Institutes im Ruhrgebiet vor. Diese Technologie soll es ermöglichen, Internet-Geschäfte schnell und fälschungssicher abzuwickeln. „Noch in diesem Jahr wird diese Einrichtung in Dortmund die Arbeit aufnehmen“, sagte NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) dieser Redaktion.
Angesiedelt wird dieses Zentrum zur Erforschung des so genannten „Internets der Werte“ am Fraunhofer Institut für Materialfluss und Logistik (IML). „Die Institutsleiter Prof. Michael ten Hompel und Prof. Michael Henke haben schon hervorragende Vorarbeit dazu geleistet“, so Pinkwart. Der Wissenschaftsstandort Dortmund mit seiner Technischen Universität und dem Fraunhofer-Experten für Logistik sei „der richtige Ort“ dafür.
Bekanntestes Beispiel: die Kryptowährung Bitcoin
Die Blockchain-Technologie, die in dem neuen Institut erforscht werden soll, dient dazu, Geschäfte zwischen Unternehmen und Privatleuten absolut verlässlich „für die Ewigkeit“ digital festzuhalten. Das können Verträge sein, Eigentumsurkunden, Lizenzen, Abos oder Geldgeschäfte. Das bekannteste Beispiel für diese Datenbanktechnologie ist die Kryptowährung Bitcoin.
Die Landesregierung geht davon aus, dass das „Internet der Werte“ immer wichtiger werden wird, weil es mehr Vertrauen in Online-Geschäftsbeziehungen schaffe und Umwege über große Internet-Konzerne unnötig mache. „Blockchain kann zu einer Demokratisierung des Internets und der Digitalwirtschaft führen. Diese Technologie hat das Potenzial, den großen Plattformen der Welt wie Amazon Paroli zu bieten“, sagte Pinkwart. Die Regierung werde das neue Institut in Dortmund finanziell fördern, als Träger kämen neben Fraunhofer auch Industrieunternehmen in Betracht, die diese Technologie nutzen wollten. In den USA arbeiteten IT-Wissenschaftler mit Hochdruck am „Internet der Werte“. Europa müsse aufholen, und NRW erhalte mit der Gründung des Europäischen Blockchain-Instituts die Chance, hier Vorreiter zu sein.
Das Rheinland bekommt ein "Reallabor" für diese Technologie
Das Rheinische Revier soll zusätzlich ein „Reallabor“ für Blockchain-Anwendungen im Bereich Energie und öffentliche Daseinsvorsorge (zum Beispiel Versorgung mit Wasser, Gas und Strom) bekommen. Ein solches Labor erlaubt es, eine neue Technologie unter realistischen Bedingungen zu testen. Die Kohlekommission hatte dieses Labor in ihrem Abschlussbericht vorgeschlagen.
Die möglichen Blockchain-Anwendungsbereiche sind vielfältig. Klassische Stromrechnungen würden überflüssig, weil im „Internet der Werte“ die gelieferte und verbrauchte Energie digital dokumentiert und abrechnet wird. Landwirte würden für geliefertes Getreide, Handwerker für eine Dienstleistung sofort und automatisch bezahlt. Strom-Zapfsäulen für Elektroautos könnten Teil dieser Datenbanktechnologie sein, Container könnten sicher in ferne Länder gelenkt werden und mit der Ankunft am Zielort einen Bezahlvorgang auslösen.
Technologie frisst so viel Strom wie ganze Staaten
Kritiker erinnern daran, dass die Blockchain-Technologie ungeheuer energieaufwändig ist. Die Kryptowährung Bitcoin ist nicht nur einem riesigen Wertverfall ausgesetzt, sie ist auch ein gigantischer Stromfresser. Schlagzeilen wie „Schürfen von Bitcoins verbraucht mehr Energie als ganz Dänemark“ rütteln am Image des virtuellen Geldes. Bei der Produktion eines Bitcoins soll so viel Energie eingesetzt werden, wie eine Durchschnittsfamilie in zwölf Jahren verbraucht, heißt es. Wirtschaftsminister Pinkwart ist dennoch zuversichtlich, dass sich das „Internet der Werte“ durchsetzt. „Diese Technologie kann sicher, dezentral, bezahlbar und – richtig eingesetzt – nicht zu energieintensiv eingesetzt werden“, sagte er.
„Blockchain“ ist eine Technologie, bei der Verbraucher und Lieferant mit einer Liste von Datensätzen (Blöcken) direkt miteinander verknüpft werden. Das führt im Idealfall zur fälschungssicheren Identität einer Ware (z. B. Container), eines Geldwertes (z. B. Bitcoin) oder wichtiger Informationen zu einer Person (z. B. Krankenakte). Die Frage „Wer besitzt was?“ lässt sich so digital beantworten.