Düsseldorf. . Juso-Chef Kevin Kühnert provoziert mit seinen Thesen zu Sozialismus und Vergesellschaftung. „Gut so“, finden führende Sozialdemokraten in NRW.
Kevin Kühnert erhält nach seiner Kapitalismuskritik Rückendeckung aus der NRW-SPD. Landtagsfraktionschef Thomas Kutschaty, Landespartei-Vorsitzender Sebastian Hartmann und die Chefin der Parteijugend (Jusos) in NRW, Jessica Rosenthal, lobten Kühnert: Er habe eine wichtige Diskussion in Gang gesetzt.
Juso-Bundesvorsitzender Kühnert hatte in einem Interview zum Thema Sozialismus gesagt, er trete für eine Kollektivierung großer Unternehmen „auf demokratischem Wege“ ein. Ihm sei weniger wichtig, ob auf dem Klingelschild von BMW ,staatlicher Automobilbetrieb’ stehe oder ,genossenschaftlicher Automobilbetrieb’ oder ob das Kollektiv entscheide, dass es BMW in dieser Form nicht mehr brauche.
Kühnert will sich nicht „auf die Zunge beißen“
Am Freitag legte Kühnert im „Spiegel“ noch einmal nach: Wenn man ernsthaft einen anderen Politikstil wolle, „können wir uns nicht immer auf die Zunge beißen, wenn es um die wirklich großen Fragen geht.“ Der Kapitalismus sei „in viel zu viele Lebensbereiche vorgedrungen“.
SPD-Landtagsfraktionschef Thomas Kutschaty stellte zwar klar, dass er im Gegensatz zu Kevin Kühnert nicht darüber nachdenke, BMW zu vergesellschaften. „Aber als Juso darf und sollte man auch mal provozieren“, sagte er dieser Redaktion. „Ich finde es jedenfalls richtig, dass wir uns Gedanken machen, wie wir die Schere zwischen Arm und Reich in unserem Land zumindest wieder ein Stück weit schließen“, meinte Kutschaty. Dass nicht jede Idee immer sofort die beste dabei sei, gehöre auch dazu.
Auch NRW-Jusos sprechen von Kollektivierungen
Voll hinter Kühnert steht die Chefin der NRW-Jungsozialisten, Jessica Rosenthal. Sie amüsiere der Aufschrei der Konservativen wegen Kühnerts Thesen. „Um es deutlich zu sagen: Unsere Politikvision einer sozialistischen und demokratischen Gesellschaft baut auf fundamentale Veränderungen im System auf“, sagte Rosenthal dieser Zeitung.
Die Jusos würden die „verheerende soziale Ungleichheit“ nicht weiter stillschweigend hinnehmen, sagte Rosenthal. Kühnert habe eine „berechtigte Debatte über die Auswüchse des Kapitalismus“ angestoßen, die die Jusos seit Jahren führten, betonte Rosenthal. Kollektivierungen sind für sie ein „Instrument, damit mehr Menschen von den Profiten, die erwirtschaftet werden, etwas haben.“
NRW-SPD-Chef Hartmann unterstützt Kühnert
Unterstützung bekam Kühnert auch vom Vorsitzenden des größten SPD-Landesverbandes, Sebastian Hartmann. Er sagte dem „Spiegel“, die von Kühnert angestoßene Debatte müsse aufgenommen werden. „Wir brauchen ein grundlegend neues Wirtschaftsmodell“. Der ungeregelte Markt sei ein „Gegner“, und Ungleichheit „der Sprengstoff unserer Zeit“, so der Chef der NRW-SPD.