Essen. . Generalvikar Klaus Pfeffer bedauert, dass keine klaren Konsequenzen aus der Missbrauchsaffäre gezogen wurden. Opfervertreter blieben außen vor.
Mit Enttäuschung und Kritik hat die Leitung des Bistums Essen auf die Rede des Papstes zum Abschluss der Missbrauchs-Konferenz in Rom reagiert. Der Papst sei vage und allgemeinverbindlich geblieben, die Vertreter der Opferverbände seien nicht gehört worden, sagte Generalvikar Klaus Pfeffer dieser Redaktion. „Die deutliche Kritik nach der Ansprache des Papstes konnte ich gut nachvollziehen“, sagte Pfeffer. Der Papst habe sich wenig konkret zur Rolle der katholischen Kirche geäußert.
Papst Franziskus hatte am Sonntag den sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen auch als gesamtgesellschaftliches Problem bezeichnet, das vor allem „Eltern, Verwandte, die Partner von Kinderbräuten, Trainer und Erzieher“ betreffe. Der Generalvikar des Bistums Essen sagte dazu: „Es steht uns nicht gut zu Gesicht, jetzt auf andere zu verweisen. Wir müssen auf uns schauen“, so Pfeffer. Er betonte: „Wir haben das Recht verwirkt, mit dem moralischen Zeigefinger auf andere zu zeigen.“
Pfeffer kritisierte auch, dass der Papst bei der Suche nach den Ursachen für sexuelle Übergriffe in der Kirche vage geblieben sei. Franziskus rede in diesem Zusammenhang oft von „dem Bösen“ oder bringe gar den Teufel ins Spiel. „Das wirkt so, als ob er die Ursachen in etwas Äußerem sucht und damit die Verantwortung von der Kirche wegschiebt“, sagte Pfeffer. Aber die Kirche müssen sich fragen, was sie konkret dazu beigetragen habe. Da hätte er sich deutlichere Worte zu den innerkirchlichen Problemen gewünscht. Pfeffer: „Wir müssen über Grundsätzliches reden. Über Sexualmoral, Homosexualität, über den Umgang mit Macht und die Überhöhung des Priesteramts.“ Wenn der Papst Priester als „besonders heilig“ bezeichne, habe dies „ein hohes Verführungspotenzial für Menschen, die dieses Amt ausführen“, gibt Pfeffer zu bedenken.
Weltweit bindende Regeln für die Kirche
Die Ergebnisse der Missbrauchsstudie, die im vergangenen Herbst vorgestellt wurde, zeigten, dass sich die Kirche intensiver mit den tieferen Ursachen für sexuellen Missbrauch befassen und grundlegende Reformen anschieben müsse. Der Papst habe in seiner Rede sehr auf die Täter geschaut, die etwas sehr Böses getan haben, so Pfeffer. „Das erweckt den Anschein: Wenn die Täter erst weg sind, ist das Problem vorbei.“ Dies aber blende die Rolle der Kirche aus.
Vor der Konferenz hatte Ruhr-Bischof Franz-Josef Overbeck die Erwartung geäußert, dass im Kampf gegen den Missbrauch in Rom Ziele benannt werden, die weltweit bindend sein sollten. Der Opferschutz müsse „mit allen Konsequenzen“ in den Mittelpunkt gestellt werden, so Overbeck. Zugleich sei eine klare Haltung bei Prävention und Täterverfolgung nötig.
Vergebene Chance: Opfervertreter nicht eingeladen
Pfeffer bedauerte es, dass die Bischöfe und der Papst die Vertreter der Opferverbände nicht eingeladen und gehört haben. „Die Opferverbände waren in Rom. Dass es nicht möglich war, spontan eine Begegnung mit dem Papst oder den Bischöfen zu ermöglichen, finde ich sehr schade. Das wäre ein starkes Zeichen gewesen.“ Diese „vergebene Chance“ habe ein „trübes Licht“ auf den Abschluss der Konferenz geworfen.
Nach Ansicht von Generalvikar Pfeffer befindet sich die katholische Kirche in einer ernsten und dramatischen Krise. „Es wird ein gewaltiges Projekt sein, das verlorene Vertrauen zurückzugewinnen“, sagte er. „Wir müssen jetzt alles tun, um Kinder und Jugendliche zu schützen.“ Das Ansehen der Kirche wiederherzustellen, sei dabei nicht das wichtigste Ziel.