Düsseldorf. Der NRW-Ministerpräsident soll dem Geheimbund der Merkel-Gegner beigetreten sein. Seine konservative Neuerfindung darf aber bezweifelt werden.
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) soll dem sagenumwobenen „Andenpakt“ beigetreten sein. Wie die „Rheinische Post“ in ihrer Donnerstagausgabe schreibt, sei Laschet von dem Netzwerk im Herbst „gerne und offen aufgenommen worden“.
Der „Andenpakt“ soll 1979 während einer Reise nach Santiago de Chile von einem Dutzend konservativer Jung-Politiker gegründet worden sein, die einander versprachen, sich beim jeweiligen Karrierestreben nicht in die Quere zu kommen. Als prominente Mitglieder wurden immer wieder der frühere hessische Ministerpräsident Roland Koch, Ex-Bundespräsident Christian Wulff, Friedrich Merz oder die ehemaligen Bundesminister Franz-Josef Jung und Matthias Wissmann genannt. Aktuell in Spitzenpositionen seien demnach von den Andenpaktlern jedoch nur noch Hessens Regierungschef Volker Bouffier, EU-Kommissar Günther Oettinger und Verfassungsrichter Peter Müller.
Der „Andenpakt“ wurde immer auch als konservatives Netzwerk oder parteiinterner Geheimbund gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel interpretiert. Die Männer sollen sich zugute halten, Merkel von einer Kanzlerkandidatur 2002 abgebracht zu haben. Deren spätere Karriere als Weltstaatsfrau mit nunmehr 14-jähriger Amtszeit konnten sie indes nicht verhindern. Stattdessen verdorrte der "Andenpakt" zu einem Freundeskreis der Gewesenen. Zuletzt sollen sich die Aktivitäten des Netzwerkes in gemeinsamen Abendessen und Reisen erschöpft haben.
Laschets Mitgliedschaft würde dennoch schon aus symbolischen Grünen verwundern. Denn der 58-jährige Aachener gilt als Vertreter des liberalen CDU-Flügels. In der Flüchtlingskrise erwies er sich als treuester Knappe der Kanzlerin. Politisch sozialisiert wurde er im „Leichlinger Kreis“ des heutigen NRW-Innenministers Herbert Reul, der früh junge, pragmatische Querdenker um sich versammelte. Zudem gehörte Laschet Mitte der 90er Jahre der „Pizza-Connection“ an, die hinter dem Rücken des damaligen CDU-Patriarchen Helmut Kohl erste Kontakte zu den Grünen knüpfte. Vor 14 Tagen noch schaute Laschet am Rande eines Termins im Bonner Restaurant „Sassella“ vorbei und posierte für ein Nostalgie-Foto mit Wirt Giorgio. Das sah nicht so aus, als wollte da jemand seine Wurzeln verleugnen.
Mancher in Düsseldorf deutet Laschets Aufnahme in den „Andenpakt“ vorschnell als konservative Neuerfindung des Ministerpräsidenten. Hatte er nicht zuletzt eine harte „Null-Toleranz“-Linie für Recht und Ordnung in NRW gefahren? Gehörte er nicht zu den wenigen, die in der Kohleausstiegs-Euphorie grimmig auf die energiepolitischen Risiken hinwies? Stand er nicht bei der konsequenten Räumung des Hambacher Forstes durch eines der größten Polizei-Aufgebote der Landesgeschichte ziemlich allein gegen die bundesweite „Rettet Hambi“-Stimmung?
Wer Laschet allerdings ein bisschen näher kennt, kann mit dem „Andenpakt“-Beitritt allenfalls seine Lust an geselligen Runden und politischen Gesprächen verbinden. Eine konservative Neuorientierung dürfte damit kaum angelegt sein. Denn selbst Kritiker der gelegentlichen Sprunghaftigkeit und Flüchtigkeit Laschets halten ihm eines zugute: Seinen vier politischen Lebensthemen blieb er bislang noch immer treu. Das sind neben gesellschaftlicher Liberalität, Offenheit für Integration und sozialer Marktwirtschaft sein Bekenntnis zum rheinischen Katholizismus. Oder wie man im Rheinland übersetzen würde: Lebe und lebe lassen, von nix kommt nix und vor allem Jönne könne.