Düsseldorf. Bis 2038 soll Deutschland im Namen des Klimaschutzes aus der Kohleverstromung aussteigen. Für NRW sind viele Fragen unbeantwortet.

Bis spätestens 2038 soll Deutschland aus der Kohleverstromung aussteigen. So hat es die „Kohlekommission“ der Bundesregierung empfohlen. Was das konkret für NRW bedeutet, war am Mittwoch Thema einer großen Landtagsdebatte. Die wichtigsten Knackpunkte:

Gigawatt-Streit: Die Kohlekommission hat sich darauf verständigt, dass bis 2022 zusätzliche drei Gigawatt Braunkohle-Strom abgeschaltet werden sollen. Kraftwerke und Tagebaue hat sie jedoch nicht genannt. Umweltschützer wollen die drei Gigawatt allein in NRW abschalten, weil sich dann wohl Hambacher Forst und Umsiedlungsdörfer gleichermaßen retten ließen. Kraftwerksbetreiber RWE indes will im rheinischen Revier höchstens 2,4 Gigawatt stilllegen. Die fehlenden 0,6 Gigawatt machen einen zusätzlichen Kohlemeiler aus. Laschet schiebt die Verantwortung zum Bund: „Wenn es drei Gigawatt sind, dann sind es drei Gigawatt, und wenn es vier sind, sind es vier, und wenn es andere Zahlen sind, sind es andere Zahlen. Egal was in Berlin mit den Unternehmen verhandelt wird, wir werden das umsetzen.“

Rodungsmoratorium für den Hambacher Forst

Hambacher Forst: Laschet erklärte im Landtag, er habe RWE um ein Rodungsmoratorium für den Hambacher Forst bis Ende 2020 gebeten und dafür am Dienstag die Zusage erhalten. Allerdings geht das Unternehmen selbst seit Monaten wegen anhaltender Gerichtsstreitigkeiten davon aus, dass bis Ende 2020 ohnehin kein Baum gefällt werden könnte. Nachdem die Kohlekommission den Erhalt des Hambacher Forstes zudem als „wünschenswert“ eingestuft hat, wäre eine Rodung politisch nur schwer zu vermitteln. RWE wird sich den technisch komplizierten Erhalt des 200 Hektar großen Restwaldes (von ehemals 4100 Hektar) unmittelbar am Tagebaurand vom Bund wohl eher teuer abhandeln lassen.

Protestcamps: Selbst Laschet, der lange argumentiert hatte, die Arbeit der Kohlekommission habe mit dem Hambacher Forst „nichts zu tun“, nennt die Rettung des Waldes nun ebenfalls „wünschenswert“. Er appellierte zugleich an die zum Teil militante Waldbesetzer-Szene, die in mindestens 50 illegalen Baumhäusern auf dem RWE-Gelände lebt: „Lassen Sie den Ort, von dem Sie sagen, dass Sie ihn schützen wollen, in Frieden.“ Im Herbst 2018 hatte die Landesregierung mit einem der größten Polizei-Einsätze der Landesgeschichte mehr als 80 solcher Hütten räumen lassen. Auch weiterhin soll die Polizei keine rechtsfreien Räume akzeptieren.

Kraftwerk Datteln IV als teure Industrieruine

Ruhrgebiet: Der Kohlekompromiss wird auch das Aus für Steinkohlekraftwerke im Ruhrgebiet bedeuten. Laschet verspricht Hilfe für Regionen, in denen das Kraftwerk einen substanziellen Beitrag zur lokalen Wertschöpfung leistet. Besonders umstritten: Das gerade fertiggestellte und vergleichsweise saubere Steinkohlekraftwerk Datteln IV soll nach dem Willen der Kohlekommission niemals ans Netz gehen. Allein die Abwicklung dieser Industrieruine kostet eine Milliarde Euro.