Essen. . Mehr Modernität, mehr Lust am Experiment: Marco Buschmann, parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, sieht das Revier am Zug.
Der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Marco Buschmann, hat das Ruhrgebiet zu mehr Modernität und neuer Experimentierfreude aufgefordert. „Wir müssen die Romantik der Arbeiterkultur hinter uns lassen und den Mut stärken, etwas Neues auszuprobieren“, sagte der Gelsenkirchener, der als enger Vertrauter von FDP-Parteichef Christian Lindner gilt, beim Besuch der WAZ-Redaktion. „Um im Wettbewerb um kluge Köpfe international mithalten zu können, müssen wir als moderner Metropolenraum wahrgenommen werden“, so Buschmann.
Das Ruhrgebiet habe aber immer noch ein Problem mit der Außendarstellung. „Junge Menschen mit pfiffigen Geschäftsideen aus angesagten Metropolen wie Hamburg oder Berlin ins Ruhrgebiet zu locken, das ist fast unmöglich“, so der Liberale. Dabei seien die Rahmenbedingungen hier so schlecht nicht, „nehmen Sie nur die vergleichsweise günstigen Mieten“.
Kumpel-Romantik
Die alte Kumpel-Romantik mit ihrem Kameradschaftsdenken und dem Zusammenhalt unter Tage ist für den Juristen, der über die FDP-Landesliste erstmals 2009 in den Bundestag einzog, ohne Frage ein positiver Wert. Doch gerade jetzt, nach dem Ende des Bergbaus, müsse sich das Ruhrgebiet ein Vorbild auch an den Gründern des Reviers nehmen, meint Buschmann. Sie hätten das Ruhrgebiet einst zum „Silicon Valley des 19. Jahrhunderts“ gemacht. „Es war die Zeit, in der ein paar wagemutige Investoren aus dem Ausland mit der verrückten Idee an die Ruhr gekommen sind, tiefe Löcher in den Boden zu bohren“, beschreibt er die Anfänge des industriellen Ruhr-Bergbaus.
Heute dagegen erlebt der Gelsenkirchener die Gründer-Kultur im Ruhrgebiet als unterentwickelt. Im Schatten der Großkonzerne sei die Grundskepsis vor betrieblicher Selbstständigkeit noch immer weit verbreitet. Buschmann: „Wir brauchen aber viele kleine Segel, mit der die Region Rückenwind einfangen kann.“
Umdenken in den Behörden
Auch in den Behörden müsse ein Umdenken stattfinden. „Stadtverwaltungen erscheinen heute immer noch zu oft als Bedenkenträger. Sie sollten sich mehr darauf konzentrieren, Dinge im Rahmen der Gesetze möglich zu machen“, sagte der 41-Jährige, der von 2012 bis 2014 Generalsekretär der NRW-FDP war und anschließend dieselbe Position in der Bundespartei bekleidete.
Auf der Habenseite stehe, dass das Ruhrgebiet eine Modellregion für den Strukturwandel sei und man hier mit Verrücktheit und Vielfalt umgehen könne. Buschmann: „Wir haben sozusagen eine Kompetenz für Vielfalt. In einer zunehmend vielfältigeren Welt ist das ein unschätzbarer Wert.“