Essen. . In NRW dauert es über fünf Monate, bis eine offene Stelle als Physiotherapeut besetzt ist. Ihr Verband warnt vor ersten Versorgungsengpässen.

In Nordrhein-Westfalen fehlen immer mehr Physiotherapeuten. Nach aktuellen Angaben der Bundesagentur für Arbeit NRW dauert es inzwischen durchschnittlich 167 Tage, bis eine Stelle in einer physiotherapeutischen Praxis oder Krankenhausstation besetzt ist. Das entspricht einer durchschnittlichen Wartezeit von fünfeinhalb Monaten – 73 Tage mehr als noch im Januar 2014.

Der Landesverband für Physiotherapie warnt vor den Folgen des Fachkräftemangels. „Die Praxen arbeiten bereits weit über ihr Limit hinaus“, sagte NRW-Geschäftsführer Jürgen Querbach der WAZ. „Auf Dauer ist das nicht mehr zu leisten.“ In den ersten Regionen gebe es Versorgungsengpässe, etwa auf dem Land. Auch in jeder dritten Klinik im Land fehlen laut NRW-Gesundheitsministerium Physiotherapeuten.

Der Mangel ist laut Arbeitsagentur auch in andern Gesundheitsberufen groß. In NRW wurden Ende Januar knapp 1600 Physiotherapeuten, Logopäden und Ergotherapeuten gesucht. Dem gegenüber stehen nur etwa halb so viele arbeitslose Fachkräfte. Noch vor fünf Jahren gab es mehr Arbeitslose als Stellen in diesen Fachgebieten.

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Folge ist nach Verbandsangaben bei vielen der knapp 7600 Praxen und Selbstständigen in NRW eine hohe Arbeitsdichte. Patienten müssen inzwischen drei Wochen und länger auf einen Termin warten. Beim Verband der Ersatzkassen NRW sind Beschwerden darüber noch nicht aufgelaufen.

Das Land NRW bessert beim Schulgeld nach

Ein Grund für den Fachkräftemangel ist laut Querbach, dass der Beruf für junge Menschen unattraktiv geworden sei. Während der Ausbildung mussten Schüler in NRW bis September 2018 Schulgeld zahlen, oft stehen danach teure Weiterbildungen an, weil die Ausbildung auf einem veralteten Berufsgesetz fußt. „Am Ende steht ein Bruttolohn von 2250 Euro, das ist zu wenig“, sagte Querbach.

Seit 2013 ist die Zahl der Physiotherapie-Azubis in NRW um etwa sieben Prozent gesunken, zudem bleiben gerade junge Fachkräfte oft nicht lange im Job. Das Land NRW hat reagiert: Es finanziert inzwischen 70 Prozent des Schulgeldes. Zudem soll in diesem Jahr auf Bundesebene die Ausbildung reformiert und das Gebührensystem verbessert werden. Querbach gibt sich hoffnungsvoll: “Wir stehen an einem Wendepunkt.“