Düsseldorf. Die Landesregierung zieht im Kampf gegen das erste Diesel-Fahrverbot auf einer Autobahn alle Register. Ausgerechnet das EU-Recht könnte helfen.
Die Landesregierung will im Kampf gegen das drohende Diesel-Fahrverbot auf der A40 alle rechtlichen Register ziehen. NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) kündigte am Donnerstag ein neues Rechtsgutachten an, in dem die Zulässigkeit von Fahrverboten zur Luftreinhaltung auf einer Autobahn untersucht werden solle. Es sei „rechtlich unklar“, inwieweit die A40 überhaupt von der Stadt Essen in Maßnahmen zur Stickoxid-Reduzierung einbezogen werden dürfe. Sie sei darüber auch mit Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) im Austausch, sagte Heinen-Esser.
18 Stadtteile in Essen wären betroffen
Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hatte am 15. November 2018 in einem Rechtsstreit des Landes mit der Deutschen Umwelthilfe (DUH) entschieden, dass zur Einhaltung der EU-weiten Grenzwerte für Stickoxid in 18 Essener Stadtteilen einschließlich der A40 ein zonales Fahrverbot für ältere Diesel-Fahrzeuge verhängt werden solle. Es wäre das erste Mal, dass in Deutschland eine Autobahn teilgesperrt würde. Das Land hat dagegen Berufung eingelegt. Wann das Oberverwaltungsgericht entscheidet, ist noch unklar.
EU-Warenverkehr könnte eingeschränkt werden
Nach Einschätzung der Landesregierung würde ein Diesel-Fahrverbot auf der A40 auch gegen die EU-Warenfreizügigkeit verstoßen. Ausländische Spediteure könnten eine der wichtigsten Ost-West-Verbindungen Europas nicht mehr nutzen. Dies sei keinesfalls verhältnismäßig. Anlass zur Hoffnung gibt der Landesregierung auch ein Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Kassel, der jüngst Diesel-Fahrverbote in Frankfurt ab Februar 2019 gekippt hatte. Die Richter machten deutlich, dass die Verhältnismäßigkeit im Einzelfall geprüft werden müsse und nicht pauschal angenommen werden dürfe.
Hoffnung kommt aus Hessen
Die Landesregierung geht trotz insgesamt 14 Gerichtsverfahren in NRW davon aus, dass es in diesem Jahr noch zu keinem Diesel-Fahrverbot kommen dürfte. Am weitesten ist das Verfahren in Aachen gediehen. Dort will das Oberverwaltungsgericht in zweiten Quartal final entscheiden. Selbst wenn ein Diesel-Fahrverbot bestätigt werden sollte, hätte die Stadt wohl noch bis Anfang 2020 Zeit bis zur Einrichtung einer Verbotszone.
Düsseldorf setzt auf eine „Umweltspur“
In Düsseldorf tritt derweil an diesem Freitag ein neuer Luftreinhalte-Plan mit 60 Maßnahmen in Kraft, der ein drohendes Fahrverbot noch verhindern soll. Besonders umstritten ist die Einrichtung einer „Umweltspur“ im Innenstadt-Bereich, die nur noch von Bussen befahren werden darf und den Individualverkehr insgesamt halbieren soll. Man verspricht sich davon eine Senkung des Stickoxid-Ausstoßes im Jahresmittelwert pro Kubikmeter Luft von sechs Mikrogramm. Maximal 40 Mikrogramm sind laut EU-Grenzwert erlaubt.
Standort der Messstellen wird noch mal überprüft
Umweltministerin Heinen-Esser lässt zudem noch einmal großräumig die Standorte der 133 Stickoxid-Messstationen in NRW überprüfen. Bislang geht das Landesumweltamt zwar davon aus, dass an der richtigen Stelle mit korrekten Methoden gemessen werde. Allerdings lässt die Bundesimmissionsschutzverordnung Spielräume, in welchen Abständen etwa zur Straße gemessen werden darf. Zuletzt hatte sich die Werte an 35 zentralen Standorten verbessert gezeigt, auch wenn die EU-Grenze vielerorts noch nicht eingehalten werden.