Düsseldorf. Pöbeln in der Düsseldorfer Altstadt? Kann leicht ein Monatsgehalt kosten. Wie NRW Polizisten, Retter und Amtsträger besser schützen will.

Wer am Wochenende betrunken einen Polizisten in der Düsseldorfer Altstadt beleidigt, sollte es nicht mit Britta Zur zu tun bekommen. „Der zahlt bei mir ein Monatsgehalt, auch wenn er nicht vorbestraft ist“, droht die Düsseldorfer Staatsanwältin. Üble Beleidigungen gegenüber Amtsträgern, Rettungsdiensten und Beschäftigten des öffentlichen Dienstes klage sie grundsätzlich an, „weil ich meine, der sollte mal vor dem Richter stehen“, sagt Zur.

In 70 Prozent aller Verfahren folgt eine Sanktion

Die Juristin leitet seit September 2018 bei der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft ein neues Sonderdezernat „Gewalt gegen Personen, die öffentliche Aufgaben wahrnehmen“. Seither sind dort bereits 490 Verfahren aufgelaufen. Verbale oder körperliche Attacken gegen Polizisten, Feuerwehrleute, Sanitäter oder Lehrer, aber auch Gaffer bei Unfällen. „Wir haben nicht damit gerechnet, dass es so viele werden“, bekennt der Leiter der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft, Falk Schnabel. 70 Prozent der erledigten Verfahren endeten mit einer Sanktion. Normalerweise liegt die Quote weitaus geringer.

"Jeder soll wissen, dass das mit der gebotenen Härte verfolgt wird"

Das neue Sonderdezernat sorge dafür, dass Attacken gegen Amtsträger und Helfer einheitlich und straff bearbeitet würden, erklärt Zur: „Jeder soll wissen, dass das auch mit der gebotenen Härte verfolgt wird.“ Im Sommer 2017 hatte der Bundestag den Strafrahmen für solche Übergriffe verschärft. Auch andere Staatsanwaltschaften in NRW nahmen sich des Problems seither an. Der Generalstaatsanwalt in Köln etwa habe die Devise ausgegeben, jeden Angriff auf Amtsträger und Helfer anzuklagen. Justizminister Peter Biesenbach (CDU) betrachtet das Vorgehen als Pilotversuch und will im Herbst entscheiden, wie der Fokus der Ermittlungsbehörden weiter geschärft werden kann. Eine landesweite Ausbreitung von Sonderdezernaten wie bei der Staatsanwaltschaft Düsseldorf sei vorstellbar, so Biesenbach.

Verkehrskontrolle wird leicht zum gefährlichen Einsatz

Dass sich etwas verändert hat in der Gesellschaft, stellt Frank Mitschker schon länger fest. Der Polizist und Gewerkschafter der Deutschen Polizeigewerkschaft (DpolG) mit der Erfahrung von 30 Jahren Wach- und Wechseldienst in der Duisburger Innenstadt sagt: „In meiner langen Laufbahn musste ich feststellen, dass Gewalt gegen die Polizei zugenommen hat.“ Bei einer routinemäßigen Verkehrskontrolle sei man heute in bestimmten Vierteln schnell umringt von Männergruppen. „Es hängt fast vom Glück ab, wo man ein Fahrzeug anhält“, berichtet Mitschker.

Landesweit 25 Angriffe auf Polizisten pro Tag

Sein Kollege Heiko Müller von der Essener Polizei, der sich in der Konkurrenz-Gewerkschaft GdP engagiert, bilanziert inzwischen landesweit 25 Angriffe gegen Polizisten pro Tag. „Bestimmte Teile der Gesellschaft lassen jeden Respekt vor der Polizei vermissten“, so Müller. Die Täter seien zumeist Männer zwischen 21 und 40 Jahren, oft alkoholisiert.

Wenn der Patient wütend von der Trage springt

Die Zahl der Attacken auf Feuerwehrleute nimmt sich dagegen fast bescheiden aus. Man befinde sich gemessen an der hohen Einsatzzahl „im Promillebereich“, sagt Essens Feuerwehr-Chef Ulrich Bogdahn. Doch schimpfende und randalierende Patienten, die sich nicht ins Krankenhaus bringen lassen wollen oder in Einzelfällen sogar von der Trage springen und die Sanitäter bespucken – auch das komme inzwischen vor. „Wer uns nicht helfen lässt, dem kann nicht geholfen werden“, sagt Bogdahn.

Opposition: Justizminister soll im eigenen Geschäftsbereich anfangen

Dass Justizminister Biesenbach nun so öffentlichkeitswirksam zu einer robusteren Strafverfolgung ermuntert, sorgt bei der Opposition im Landtag für Häme. Zuletzt hatten Übergriffe auf Gerichtsvollzieher für Schlagzeilen gesorgt, die sich vom eigenen Dienstherrn nicht ausreichend geschützt gefühlt hatten. Der Justizminister hatte den Rechtsausschuss zudem nicht korrekt über die konkrete Gefährdungslage einer Justizbeamtin bei einem Vollstreckungsauftrag informiert. Biesenbach lasse eben leider seinen eigenen Geschäftsbereich mit 40.000 Beschäftigten „komplett außen vor“, kritisierte SPD-Fraktionsvize Sven Wolf.