Ruhrgebiet. . Ab Dezember fahren S-Bahnen und Regionalzüge im neuen 15/30-Minuten-Takt. Das soll die zentralen Verkehrsachsen im Revier spürbar entlasten.

Wird das die längst überfällige Revolution im Nahverkehr? Mit der Umstellung des S-Bahn-Taktes auf einen 15/30-Minuten-Rhythmus bahnt sich zum nächsten Fahrplanwechsel Mitte Dezember jedenfalls der tiefgreifendste Systemwechsel im ÖPNV der Region seit Jahrzehnten an.

Die Abkehr vom bestehenden 20-Minuten-Takt soll die Pendlerströme auf zentralen Verkehrsachsen des Reviers spürbar beschleunigen und somit deutlich metropolenhafter gestalten. Die Hoffnung der Planer: Weil die Bahnen in kürzeren Intervallen fahren, braucht man auf zentralen Strecken nicht mehr umständlich Fahrplänen zu studieren, sondern steigt einfach in den nächsten Zug.

Vor vier Jahren auf den Weg gebracht

Allerdings brauchen Revolutionen im Nahverkehr nicht nur ihre Zeit, sie sind auch deutlich weniger umstürzlerisch als in anderen Bereichen. Denn ohne Kompromisse zu schließen, war die vor vier Jahren von den Gremien des Verkehrsverbundes Rhein Ruhr (VRR) auf den Weg gebrachte Umstellung nicht zu haben. Seitdem haben VRR-Experten und Spezialisten des Schweizer Softwareunternehmens SMA fieberhaft an den neuen Fahrplänen gebastelt.

Dennoch kommt es auch im neuen Taktszenario zu Trassenkonflikte und unliebsamen Taktsprüngen. Nicht alles wird also besser, manche Verbindungen mussten sogar ausgedünnt werden.

© Miriam Fischer

Als Quantensprung darf aber die Umstellung auf der besonders stark ausgelasteten Strecke zwischen Essen und Dortmund betrachtet werden. Die S1 fährt hier in der Kernzeit etwa zwischen 6 und 19.30 Uhr demnächst durchgehend alle 15 Minuten und damit vier- statt bisher dreimal pro Stunde. Der Haken an der Sache: Ab Essen fährt die S1 dann nur noch jede halbe Stunde Richtung weiter nach Westen. Eine durchgehende S-Bahn-Verbindung zwischen Dortmund und Duisburg gibt es somit nur noch zweimal in der Stunden und nicht wie bisher dreimal.

Der VRR verspricht aber, dass sich das Angebot zwischen Essen und Duisburg nicht verschlechtert, weil unter anderem die Regionalbahn RB33 von Duisburg über Mülheim nach Essen verlängerte wird. „Unterm Strich bedienen wir die Strecke Essen - Duisburg in den Kernzeiten ebenfalls viermal pro Stunde“, sagt VRR-Strukturplaner Ralf Dammann.

Hintergrund: Für einen durchgehenden 15-Minuten-S-Bahn-Takt zwischen Dortmund und Duisburg hätte man zusätzliche Gleise bauen müssen. Doch das war gar nicht vorgesehen. Die Taktumstellung im chronisch subventionierten ÖPNV sollte keine hohen Kosten nach sich ziehen. Dammann: „Die Strecke zwischen Essen und Duisburg ist derzeit einfach zu voll für eine zusätzliche S-Bahn.“

Erste Pläne schon 2012

Ursprünglich war geplant, den Takt flächendeckend in NRW umzustellen. Erste Überlegungen dazu gab es bereits 2012. Doch ein Arbeitskreis aus Vertretern der NRW-Verkehrsverbünde und des Verkehrsministeriums kam zu dem Ergebnis, dass sich das neue Taktszenario nicht in allen Regionen lohnt. Vorgabe war zudem, dass keine zusätzlichen Kosten entstehen sollten. Die Umstellung musste sich also ohne Ausbau der Kapazitäten rechnen.

Das war insbesondere im Rheinland nicht der Fall. Fahrgastprognosen ließen darauf schließen, dass überwiegend nur das Ruhrgebiet profitieren würde. Deshalb wurde die Taktumstelllung gesplittet. Fachleute glauben allerdings, dass sich die Übernahme des 15-Minuten-Taktes auch im Raum Düsseldorf lohnen würde, wenn dort in den Ausbau der Infrastruktur investiert würde.

Verbesserungen gibt es auch auf den heute weniger attraktiven Nord-Süd-Verbindungen. So fahren die S-Bahn-Linien S2 und S4 im Raum Dortmund/Unna in den Hauptverkehrszeiten ebenfalls im 15-Minuten-Takt. Auch zwischen Gladbeck, Bottrop und Essen verkehren die Züge dank Überlagerung der S9 mit dem Regionalexpress 14 demnächst jede Viertelstunde. Zudem gibt es neue Direktverbindungen von Recklinghausen über Gladbeck, Bottrop und Essen bis Wuppertal (Hertener Bahn), zwischen Wesel und Wuppertal (RB41 über Essen), Bottrop und Duisburg sowie Gevelsberg und Bochum/Essen.

Auf einigen Strecken profitieren die Fahrgäste laut VRR-Planer Dammann außerdem von kürzeren Fahrtzeiten. Die Verbindung zwischen Mettmann und Essen wird fahrplanmäßig zwölf Minuten schneller. Zwischen Essen und Wuppertal (RB41) sparen die Pendler neun Minuten.

Insgesamt rechnet der Verkehrsverbund infolge der Maßnahmen mit täglich bis zu 18.000 Fahrgästen zusätzlich – das bedeutet ein Plus von 3,5 bis vier Prozent. Perspektivisch greifen die neuen Takte zudem das Konzept des Rhein-Ruhr-Expresses (RRX) auf. Der schnelle Expresszug zwischen Dortmund und Köln soll im Endausbau ab 2030 ebenfalls alle 15 Minuten fahren.