Düsseldorf. . Zwei Parteibücher, ein Erfolg: Staatssekretärin Serap Güler und Landtagsabgeordneter Serdar Yüksel haben sich gegen viele Widerstände behauptet.

Sie kommen aus verschiedenen politischen Lagern, haben aber viel gemeinsam: Serap Gülers (38) und Serdar Yüksels (45) Eltern stammen aus der Türkei. Die beiden sind im Ruhrgebiet geboren und kommen aus Arbeiterfamilien. Sie hatten als Nachkommen der ersten Zuwanderergeneration kaum die Chance, Karriere zu machen. Doch genau das haben sie geschafft. Der Wattenscheider Yüksel (SPD) ist Landtagsabgeordneter, die Kölnerin Güler (CDU) gehört als Staatssekretärin zur NRW-Regierung. Zum Weihnachtsfest sprachen sie über ihre Motivation, Politik zu machen.

Weihnachten und Muslime

„Ich habe Weihnachten schon als Kind als warm und herzlich empfunden“, erinnert sich Serap Güler. „Für mich stand in meiner muslimischen Familie ein kleiner Weihnachtsbaum zu Hause, wir haben an Heiligabend unsere deutschen Nachbarn besucht.“ Geschenke habe es erst zum Jahreswechsel gegeben. Serdar Yüksel gibt zu dass er kein „Weihnachtsfreak“ ist. „Aber ich feiere mit meiner großen Multikulti-Familie, inklusive Baum.“ Weihnachten verbinde nicht nur Christen. „Es geht ja um mehr als Stress und Gans und Geschenke: Die Weihnachtsgeschichte hat auch eine politische Botschaft. Die Heilige Familie war eine Flüchtlingsfamilie“, sagt er.

Aufstieg ist möglich

Der Wunsch ihrer Eltern und ihres Bruders sei gewesen, dass Serap Güler als erste in der Familie studieren sollte, erinnert sich die Christdemokratin. „Als ich meinen Eltern nach dem Abi sagte, ich mache eine Ausbildung, herrschte Weltuntergangsstimmung. Sie sagten: Du hast das Abi, also studier’ auch! Der größte Tag in ihrem Leben war nicht die Urkundenübergabe zur Staatssekretärin, sondern mein Uni-Abschluss.“

Yüksel sagt, er sei in einer Straße groß geworden, in der auf der einen Seite nur Türkeistämmige und auf der anderen Deutsche wohnten. „Ich war der erste, der diese unsichtbare Mauer überwand. Später hatte ich eine deutsche Ersatzoma, Frau Peters, und einen Ersatzopa, Herrn Schnell.“ Sie hätten ihm deutsche Geschichte näher gebracht. „Daher bin ich in die Politik. Ich wurde Ostermarschierer und ging in die SPD.“

Demut und Trotz

„Bei uns in der mittleren Einwanderergeneration mischen sich Trotz und Demut“, sagt Güler. „Unsere Eltern waren Deutschland gegenüber demütig und dankbar für alles. Das haben wir von ihnen. Auf der anderen Seite sind wir selbstbewusst und wollen selbstverständlich zu diesem Land gehören.“ Bei vielen Jüngeren mit türkischer Einwanderungsgeschichte überwiege der Trotz. Sie wollten nur Türken sein oder nur Deutsche. „Das ist sehr schade.“

Auch Yüksel erkennt einen Trend zur Intoleranz: „Die Offenheit gegenüber anderen Religionen nimmt ab. Heute dient die Religion oft dazu, sich abzugrenzen. Es heißt dann nur ,Wir’ und ,Ihr’. Dafür ist die türkische Politik mitverantwortlich. Sie missbraucht Religion für politische Ziele.“

Migranten und Politik

Serdar Yüksel trat 1994 mit 15 Jahren in die SPD ein, Serap Güler 2009 in die CDU. „Ich weiß nicht, ob ich das 1999 gemacht hätte“, sagt sie. „2009 war die CDU schon von Angela Merkel geprägt und eine Partei der Mitte. NRW hatte einen Integrationsminister Armin Laschet“, so Güler. Natürlich gebe es auch in der CDU Menschen, die mit ihrem Glauben haderten. „Das ist aber eine kleine Minderheit. Bei der letzten Bundesvorstandswahl habe ich den fünften Platz von 26 erreicht. Das zeigt doch, dass der Zuspruch größer ist.“Yüksel rät SPD und CDU zu Offenheit gegenüber Zuwanderern: „Diese Parteien sind zu alt, zu männlich und zu unbunt“.