Essen. . Die Landesregierung will die Gesetzänderung blockieren, fordert aber Geld vom Bund. Streit gibt es auch um die Finanzbeteiligung der Länder.

Die schwarz-gelbe Regierungskoalition in Düsseldorf ist gespalten. Während Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) eine Grundgesetzänderung für den Digitalpakt an Schulen ablehnt, spricht sich die FDP dafür aus. Den Schulen in NRW würde der Pakt rund eine Milliarde Euro bringen. Doch die für eine Grundgesetzänderung nötige Zweidrittel-Mehrheit im Bundesrat ist fraglich. Die wichtigsten Fragen zum Thema:

Wieso darf der Bund bisher nicht über Bildung bestimmen?

Seit 2006 gilt das sogenannte „Kooperationsverbot“. Es bedeutet, dass die Länder das Monopol in Sachen Bildungspolitik haben. Jeder Versuch der Bundesregierung, mit Geld oder Gesetzen in die Entwicklung von Schulen einzugreifen, rückt damit in die Nähe eines Verfassungsbruchs. Bildungsexperten, Lehrer- und Elternvertretungen sowie die Städte fordern seit langem, dass der Bund Schulen und Hochschulen auch dauerhaft unterstützen kann.

Warum soll für den Digitalpakt das Grundgesetz geändert werden?

Die Änderung soll das Kooperationsverbot aufweichen und somit eine Mitfinanzierung der Schulen durch den Bund ermöglichen. Damit könnte ein milliardenschweres Digitalisierungsprogramm umgesetzt werden: Die Schulen sollen von 2019 an schrittweise mit Digitaltechnik ausgestattet werden. Dafür will der Bund insgesamt fünf Milliarden Euro bereitstellen. Schon 2016 hat die damalige Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) die Schuldigitalisierung gefordert. Seither tobt der Streit um die dafür notwendige Grundgesetzänderung.

Aber der Bundestag hat doch bereits zugestimmt?

Ja, der Bundestag hat am vergangenen Freitag mit den Stimmen aller Fraktionen – außer der AfD – mit Zweitdrittel-Mehrheit für die Grundgesetzänderung gestimmt. Die Bildungsministerien der Länder hatten zuvor ausgehandelt, wie viel Geld in welche Maßnahmen fließen soll.

Wogegen richtet sich der Protest der Länder?

Der Widerstand der Länder richtet sich dagegen, dass der Bund auch mitbestimmen will, was mit seinem Geld geschieht. Armin Laschet sieht darin den Einstieg in die „Einheitsschule“. Die Länder stört auch, dass der Bund für die Qualität der Schulen mitverantwortlich werden soll, etwa bei der Weiterbildung von Lehrern.

Geht es auch um Kosten für die Länder?

Ja. Eine wachsende Zahl von Bundesländern stößt sich an der Neufassung des Paragraphen 104b, der im Bundestag quasi in letzter Minute eingefügt wurde. Darin geht es um die „Zusätzlichkeit“ von Bundesmitteln. Das bedeutet, dass die Länder für Vorhaben ab 2020 mindestens die Hälfte der öffentlichen Investitionen selbst tragen sollen. Helmut Holter, Präsident der Kultusministerkonferenz, kritisierte das Vorgehen: „Das ist ein Kompromiss des Bundestages, aber kein Kompromiss mit den Ländern.“ Die Regelung habe die Länder „kalt erwischt“ und sei mit ihnen nicht abgesprochen worden. Für die fünf Milliarden Euro des Digitalpakts gilt dies indes nicht.

Wollen die Länder das Geld nicht?

Doch. Die Mittel seien sogar dringend nötig, fordern die Länder. „Wir brauchen das Geld zum Digitalpakt dringend“, betonte Laschet. Die Ausstattung der Länder in der Bildungspolitik erfordere immer größere Ausgaben, etwa bei der Inklusion, dem Ganztag oder der Digitalisierung. Für mehr Hilfe des Bundes sei aber eine Änderung des Grundgesetzes nicht nötig. Einfacher wäre es, die Verteilung der Mehrwertsteuer zu Gunsten der Länder neu zu regeln. Das ließe sich kurzfristig realisieren.

Was ist überhaupt Schuldigitalisierung?

Das meint die Ausstattung der Schulen mit W-Lan, Tablets, Beamern oder Whiteboards sowie den pädagogisch sinnvollen Einsatz im Unterricht. Derzeit sind viele Schulen sehr unterschiedlich mit digitalen Geräten ausgestattet. An vielen Schulen bestehen zwar Computerräume, jedoch ist die Technik meist veraltet. Häufig müssen Lehrer für Rechercheaufgaben auf die Geräte ihrer Schüler zurückgreifen.

Wie geht es weiter?

Die Hürde ist der Bundesrat: Bei der Sitzung am 14. Dezember könnte der Vermittlungsausschuss angerufen werden. Gibt es dafür eine Mehrheit, beginnt das Vermittlungsverfahren von Bundestag und Bundesrat. Wird der Vermittlungsausschuss aber nicht angerufen, kommt es zu einer Abstimmung über die Grundgesetzänderung. Diesem muss die Länderkammer mit Zweidrittel-Mehrheit zustimmen. NRW-Ministerpräsident Laschet will zusammen mit seinen Kollegen aus Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Sachsen die Änderung blockieren – die Grundgesetzänderung und damit auch der Digitalpakt wären gescheitert.