Düsseldorf. . NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) wünscht eine „konsequente Hardware-Nachrüstung“ von Dieselfahrzeugen.
Zwei Ministerinnen, zwei Meinungen zu Diesel-Fahrverboten. Während Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) sie „wahrscheinlich“ nennt, sieht NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) auch nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes gute Chancen für freie Fahrt mit dem Diesel in den Städten. Matthias Korfmann sprach mit der Politikerin.
Frau Heinen-Esser, können Sie den Bürgern versprechen, dass es in NRW keine Fahrverbote für Dieselfahrzeuge geben wird?
Heinen-Esser: Ich kann versichern, dass wir alles tun, um sie zu vermeiden.
Das Verwaltungsgericht Aachen geht davon aus, dass dort möglicherweise schon im Januar 2019 ein Verbot gelten muss.
Auch interessant
Dem Urteil zufolge muss in Aachen bis zum 1. Januar ein Luftreinhalteplan vorliegen, der „schnellstmöglich“ den Grenzwert von 40 Mikrogramm im Jahresmittel erreicht. Was schnellstmöglich heißt, ist zu konkretisierten, ebenso, welche Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit umzusetzen sind. Unser Ziel ist es, dass Anfang 2019 Luftreinhaltepläne in Kraft treten, die den Gesundheits-, Umwelt- und Verbraucherschutz gleichermaßen gewährleisten und die Einhaltung der geltenden Grenzwerte für Stickstoffdioxid sicherstellen. Nach Auslegung der Begründung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichtes sind diese im Jahresdurchschnitt 2020 einzuhalten. Ich bin optimistisch, dass das gelingt.
Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) sagt, Fahrverbote seien wahrscheinlich. Sie sagen das Gegenteil. Warum liegen Ihre Einschätzungen so weit auseinander?
Weil ich näher dran bin (lacht). Ich weiß nicht, wie Svenja Schulze zu ihrer Einschätzung kommt. Es gibt keinen Automatismus. Wenn wir allerdings eine Hardware-Nachrüstung von Euro-V-Dieseln hätten, wäre die Debatte nicht nötig. Vor wenigen Tagen hat die Rheinbahn in Düsseldorf angekündigt, alle älteren Busse auszutauschen und jüngere Busse nachzurüsten, so dass im Jahr 2020 die Abgassysteme aller Busse mit Euro-VI-Norm unterwegs sind. Konsequente Nachrüstungen von ÖPNV-Flotten, aber auch von Diesel-Autos sind ein wichtiger Schlüssel für saubere Luft. Wir müssen diese fordern und fördern.
Wer sollte die Nachrüstung bezahlen?
Auch interessant
Auf keinen Fall die Verbraucher. Bei der Beseitigung von Manipulationen bei Diesel-Pkw sind die Hersteller in der Pflicht. Die Motoren, über deren Nachrüstung wir aber auch reden, sind rechtmäßig zugelassen. Deshalb kann man die Hersteller hier nicht einfach zur Kostenübernahme verpflichten. Wir brauchen pragmatische Lösungen, bei denen auch der Bund helfen kann, die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Hardware-Nachrüstung für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge zu schaffen. Gerade unsere Städte in NRW brauchen diese Hilfe. Wir haben zehn beklagte Städte. Positiv ist, dass die Maßnahmen der zurückliegenden Jahre Wirkung zeigen und die Stickstoffdioxid-Belastungen vielerorts zurückgegangen sind. So werden etwa in den Städten Münster oder Dinslaken die Grenzwerte seit 2017 eingehalten. Aber in diesen Städten sind die Hintergrundemissionen auch nicht so stark wie etwa an der Rheinschiene mit starkem Schiffsverkehr.
>>> INFO Notlandung neben Franz Müntefering
Ursula Heinen-Esser (52) trat Ende Mai die Nachfolge von Christina Schulze Föcking als NRW-Umweltministerin an. Die Kölnerin hat große Erfahrung in den Bereichen Umwelt, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. 2012 erkrankte sie an Brustkrebs und redete öffentlich über diese schwere Zeit.
2009 überstand sie an der Seite von Franz Müntefering eine Bruchlandung in Stuttgart. Die Fokker, in der sie saß, musste auf einem Schaumteppich notlanden, weil sich das Fahrwerk nicht ausfahren ließ. Im Interview erinnert sich Heinen-Esser an nervenaufreibende Minuten: „Franz Müntefering und ich saßen in der ersten Reihe. Ich hatte Angst, Müntefering blieb cool. Vor der Notlandung habe ich mich in die Reihe hinter Müntefering neben seinen Leibwächter gesetzt. Es wurde dann sehr hektisch im Flieger. Die Besatzung rief Kommandos, das machte die Passagiere noch nervöser. Seit diesem Erlebnis habe ich etwas Flugangst, die aber glücklicherweise mit der Zeit wieder weniger geworden ist. Ich stelle fest, dass mich dieses Erlebnis und meine überstandene Krebserkrankung geprägt haben. Der Vorteil: Man wird unabhängiger dadurch.“