Düsseldorf. Als Reaktion auf den Amri-Anschlag in Berlin hat die NRW-Justiz nun eine Anti-Terror-Spezialeinheit. Sie soll der Terrorgefahr im Land begegnen.

Die Teppiche sind abgewetzt, das Mobiliar ist in die Jahre gekommen und die hellgraue Nachkriegsfassade mit den weißen Kunststofffenstern auch. Das Behördengebäude der Düsseldorfer Generalstaatsanwaltschaft ist kein Schmuckstück. Von Hightech ist nichts zu sehen. Dennoch soll von hier aus der Kampf gegen den Terror in Nordrhein-Westfalen künftig schlagkräftiger geführt werden als bislang - nicht mit schweren Waffen, sondern mit Akten.

Peter Biesenbach (r, CDU), Justizminister von Nordrhein-Westfalen, und Emil Brachthäuser, Generalstaatsanwalt, bei der Eröffnung der Zentralstelle für Terrorismusverfolgung in NRW.
Peter Biesenbach (r, CDU), Justizminister von Nordrhein-Westfalen, und Emil Brachthäuser, Generalstaatsanwalt, bei der Eröffnung der Zentralstelle für Terrorismusverfolgung in NRW. © Rolf Vennenbernd/dpa

Eine neue Anti-Terror-Spezialeinheit der Justiz in NRW hat dort - unweit des Landeskriminalamts - ihre Arbeit aufgenommen: die Zentralstelle Terrorismusverfolgung (ZenTer NRW). Sie soll rund um die Uhr erreichbar sein. Mit der landesweiten Zuständigkeit wird die der bisherigen drei Schwerpunkt-Staatsanwaltschaften abgelöst.

Justizminister: "Die Maschen, durch die Amri geschlüpft ist, müssen geschlossen werden."

Dafür seien 15 neue Stellen geschaffen worden, zehn davon für Oberstaatsanwälte, sagte NRW-Justizminister Peter Biesenbach (CDU) am Mittwoch in Düsseldorf. Die Einheit soll bald ihre volle Stärke von 21 Mitarbeitern erreichen. Geführt wird sie vom leitenden Oberstaatsanwalt Markus Caspers (57).Die Spezialeinheit sei eine Konsequenz aus dem Terroranschlag auf den Weihnachtsmarkt in Berlin durch den tunesischen Attentäter Anis Amri. "Der Rechtsstaat kann für mehr Sicherheit sorgen, als er es im Fall Amri getan hat", sagte Biesenbach. "Die Maschen, durch die Amri geschlüpft ist, müssen geschlossen werden.

"Derzeit werden 148 Ermittlungsverfahren mit mutmaßlich terroristischem Hintergrund in NRW geführt. Da gehe es etwa um die vermutete Mitgliedschaft beim Islamischen Staat, bei den Taliban, Al Kaida oder Boko Haram. 17 Terrorverdächtige werden von der NRW-Justiz mit Haftbefehl gesucht. Die meisten sollen sich in der Krisenregion Irak/Syrien aufhalten, wenn sie überhaupt noch leben.

Die Einheit soll alle als Gefährder eingestuften Personen behalten

Zudem soll die neue Einheit die 283 von der Polizei in NRW als Gefährder eingestuften Personen im Auge behalten. 264 von ihnen sind demnach Islamisten. Mit der Zersplitterung der Zuständigkeiten und Informationen wie im Fall Amri soll zumindest aufseiten der Justiz Schluss sein. Wenn ein Gefährder "normale" Straftaten begehe, werde dies ebenfalls von der Spezialeinheit verfolgt. "Die Zerfaserung hat damit ein Ende", sagte Biesenbach.

Dahinter steckt das "Al-Capone"-Prinzip: Der Gangsterboss wurde nicht wegen seiner brutalen Verbrechen, die sich nicht nachweisen ließen, sondern wegen Steuerhinterziehung zur Strecke gebracht.Mit der neuen Zentralstelle reagiere man auch auf die Flut von Verfahren, die der Generalbundesanwalt derzeit an die Länder abtrete, sagte Düsseldorfs Generalstaatsanwalt Emil Brachthäuser. Ihre Zahl sei von 16 in 2015 auf 62 in 2016 und 122 in 2017 auf ein bisher nie gesehenes Niveau in NRW angestiegen. Daher sei man für die zusätzlichen Stellen "außerordentlich dankbar". (dpa)