An Rhein und Ruhr. . Ein Mahner für die Innere Sicherheit geht: Adi Plickert tritt als Landeschef nicht mehr an. Für die Nachfolge gibt es zwei Bewerber.

Der Mann war lange Hundertschaftsführer bei der Bereitschaftspolizei. Brennende Autos am 1. Mai in Berlin-Kreuzberg, Fußballeinsätze, Steinwürfe auf Polizisten in Gorleben, Hamburg oder anderswo – und Adi Plickert mittendrin. Denn geführt wird ja bekanntlich von vorne. „Diese Zeit hat mich als Gewerkschaftspersönlichkeit geprägt“, sagt Plickert. Teamgeist, Zuverlässigkeit, Ausdauer und Konsequenz, reagieren, Entscheidungen treffen – „bei der Hundertschaft habe ich erlebt, wie wichtig solche Dinge sind“. Nun, sie waren ihm auch vorher nicht fremd – als aktiver Fußballer damals in der Oberliga galt Plickert beim DSC Wanne-Eickel als eisenharter Verteidiger.

Solche Dinge helfen auch, wenn man mit Innenministern oder Staatssekretären beisammensitzt und über Arbeitszeit, Ausrüstung und Personalstärke der Polizei verhandelt. Der heute 61-jährige Adi (eigentlich: Arnold) Plickert hat ungezählte solcher Verhandlungen geführt, erst als Personalratsvorsitzender der Polizei in NRW und in den letzten fünfeinhalb Jahren als Landeschef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), der mit 41 000 Mitgliedern größten Polizeigewerkschaft in Nordrhein-Westfalen – 70 % der Polizeibeschäftigten sind bei ihr organisiert.

„Angsträume sind Realität, leider“

Jetzt ist Schluss. Ab morgen wählt die GdP bei ihrem Landesdelegiertentag in Düsseldorf einen neuen Vorsitzenden, um Plickerts Nachfolge gibt es eine Kampfkandidatur (siehe Box). Und wenn Plickert dann in einigen Monaten auch bei der Polizei insgesamt einen Schlussstrich zieht, sind über 40 Dienstjahre vorbei: „Das verdeutlicht, dass ich ‘dran’ bin“, meint Plickert gegenüber der NRZ. Zur Polizei war er seinerzeit auf einem Umweg gekommen. Er hat Industriekaufmann gelernt.

Wenn es um die Sache geht, also um die Polizei und die Kollegen, dann kennt Plickert keine Freunde, schon gar keine Parteifreunde. Den früheren Innenminister Ralf Jäger (SPD) hatte Sozialdemokrat Plickert scharf kritisiert, mit der damaligen Regierung Kraft focht er (erfolgreich) einen harten Konflikt um ein eigentlich gefordertes Sonderopfer der Beamten in der Tarifrunde 2014/15 aus. Aber auch der amtierende Innenminister Herbert Reul (CDU) kann sich nicht darauf ausruhen, dass Schwarz-Gelb im Koalitionsvertrag auf eine Reihe von GdP-Forderungen eingeht. Als jetzt die Zulage der Einsatztrainer der Polizei gestrichen wurde (93 Euro), hatte Reul sofort den Gewerkschafter im Nacken.

Gewerkschaftliches Kerngeschäft

Als GdP-Landeschef wollte Plickert vor allem beim gewerkschaftlichen Kerngeschäft Flagge zeigen. Seine Bilanz kann sich sehen lassen. Die Einstellungszahlen in NRW wurden weiter auf 2300 Kommissaranwärter pro Jahr erhöht und sollen bis zum Ende Legislaturperiode auf 2500 steigen. Lang geforderte Tarifbeschäftigte entlasten die Vollzugsbeamten. Beim Pensionsanspruch wird die Polizeizulage wieder berücksichtigt (70 Euro netto/Monat im Alter). Bei der GdP selbst stieg die Mitgliederzahl um satte 5000.

Immer wieder hat sich Plickert auch zu gesellschaftlichen Themen zu Wort gemeldet. Das ganze Stadtquartiere nicht kippen, war ihm wichtig. Er hat in NRW die Debatte um sogenannte „No-Go-Areas“ und Angsträume angeschoben und sieht sich bis heute bestätigt, wenn nach dem Wochenende die Einsatzberichte aus bestimmten Großstädten der Rhein-Ruhr-Region kommen: „Das ist Realität, leider.“

Kommunikation als erstes Mittel

Plickert war immer wichtig, dass die Polizei „Teil der Gesellschaft“ ist, bürgerorientiert und eben nicht militärisch wie in den ersten Jahren nach dem II. Weltkrieg. Im NRZ-Gespräch sagt er: „Das erste Mittel der Polizei muss die Kommunikation sein.“ Kommt man damit partout nicht weiter, könne sich jeder Bürger aber sicher sein, dass die Polizei das staatliche Gewaltmonopol trotzdem durchsetzt.

Für die Zeit nach der Polizei hat Plickert Pläne: Er will Schöffe in Bochum werden, also Laienrichter. Plickert hat sich beworben, und das nicht zuletzt, weil er in der Vergangenheit auch Staatsanwälte und Richter vehement kritisiert hatte (z. B. wenn es nicht zu Anklagen kam oder Strafen aus seiner sicht zu lau ausfielen). Nach Jahrzehnten mit der Polizeibrille würde er jetzt gerne die Richter-Perspektive kennenlernen: „Mal schauen, ob man mich nimmt.“

>>> DAS SIND DIE BEWERBER FÜR DIE NACHFOLGE

Michael Mertens, 54, Erster Polizeihauptkommissar, kommt aus dem Rhein-Erft-Kreis und war dort viele Jahre im Streifendienst eingesetzt. Seit einigen Jahren ist er als Personalrat tätig, je zur Hälfte im örtlichen Personalrat im Rhein-Erft-Kreis und im Hauptpersonalrat. Mertens ist Landesvize bei der GdP. Er kümmert sich u.a. um Verkehr, Bereitschaftspolizei und Schichtdienst sowie um die Bildungsarbeit.

Volker Huß, 58, ebenfalls Erster Polizeihauptkommissar, kommt aus dem Präsidium Bielefeld. Er war erst bei der Kripo tätig, bevor er viele Jahre lang Ausbildungsleiter der Polizei in Bielefeld war. Huß ist Mitglied im Hauptpersonalrat der Polizei und Schriftführer im GdP-Landesvorstand. Er ist ist zuständig u. a. für Ausbildung, Laufbahnrecht, Beamtenrecht, Frauenpolitik und die Junge Gruppe.