Bochum. Die Grippewelle ebbt in diesem Winter in NRW ungewohnt früh ab. Die Gesamtzahl der gemeldeten Fälle nähert sich aber einem bisherigen Höchstwert.
Früh gestartet, früh beendet? Die Grippe-Welle in diesem Winter scheint auch in NRW früher als üblich auszulaufen. Seit Anfang Januar ist die Zahl der gemeldeten Grippe-Infektionen deutlich gesunken, teilt das Landeszentrum Gesundheit NRW (LZG) in Bochum mit. Auch das Robert-Koch-Institut (RKI) kommt in seinem jüngsten Bericht zu der Einschätzung, elf Wochen nach Beginn der Grippesaison in Deutschland ist die Influenza-Welle früher als üblich ausgelaufen.
Die aktuelle Grippewelle habe bereits Ende Oktober 2022 und damit „früher als in den Vorjahren begonnen“, erklärte eine LZG-Sprecherin auf Anfrage: „Ein erneutes Aufflammen der saisonalen Influenza in der aktuellen Saison ist grundsätzlich möglich, wäre aber ungewöhnlich und wurde in vorherigen Saisons nicht beobachtet.“
Aktuelle Grippesaison ist die zweitstärkste seit Jahren
Die Grippe-“Saison“ beginnt jedes Jahr im Oktober mit der 40. Kalenderwoche und endet gewöhnlich zwischen Mitte April und Mitte Mai, also zwischen der 15. und 20. Kalenderwoche. Über den Sommer treten bei uns so gut wie keine Grippefälle auf.
Bis dato lag der Höhepunkt einer Grippesaison erst in den Wochen nach dem Jahreswechsel, nun war er bereits im November. Bei der Grippewelle 2019/2020 zum Beispiel war der Höhepunkt der Ansteckungen im März.
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In der aktuellen Grippe-Saison wurden bis Ende der dritten Kalenderwoche in NRW insgesamt 35.362 nachgewiesene Grippefälle amtlich erfasst, bundesweit waren es 258.330 Ansteckungen; Influenzafälle müssen dem Gesundheitsamt gemeldet werden. In der letzten Dezemberwoche waren in NRW noch knapp 3000 Grippefälle registriert worden, drei Wochen später waren es nur noch 434, laut dem wöchentlichen Influenza-Saisonbericht beim LZG.
Schwer an Grippe erkrankt: Die weitaus meisten Erkrankten waren wohl ungeimpft
Den aktuellen Zahlen nach ist die Grippesaison bis dato die zweitstärkste seit der Erkrankungswelle im Winter 2017/2018 in NRW. Damals wurden insgesamt 38.466 Grippefälle in der LZG-Statistik festgehalten. Bleibt es beim aktuellen Verlauf mit wenigen Hundert Grippefällen pro Woche, könnte der Wert von vor sechs Jahren noch überschritten werden.
Die Corona-Pandemie hatte in den vergangenen zwei Wintern zu einer bis dato ungekannte Grippe-“Flaute“ geführt: 2020/21 - dem ersten Corona-Winter mit Lockdowns, Maskenpflicht und strikten Ausgangsbeschränkungen - wurden NRW-weit nur 98 Grippefälle registriert. Im Winter 2021/22 waren es 1383. Ein Zusammenhang mit den Corona-Schutzmaßnahmen wurde vermutet. Ähnlich auffallend wenig Grippefälle gab es laut LZG-Statistik im Winter 2013/14, als insgesamt 361 Meldungen registriert worden waren.
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Mit Datenstand vom 25. Januar enthielten knapp die Hälfte der Influenzameldungen auch eine Angabe zum Impfstatus der betreffenden erkrankten Person. Ergebnis: Knapp 93 Prozent aus dieser Gruppe waren nicht gegen Grippe geimpft.
63 Grippe-Tote bis dato in NRW - Zahl aber ist ungenau
Etwas mehr als 7600 Menschen waren so stark an Grippe erkrankt, dass sie stationär ins Krankenhaus kamen, sagt die LZG-Statistik. Eine Zahl zu Grippe-Toten indes meldet das LZG nur auf Nachfrage. Demnach wurden bis dato in NRW 63 Menschen gezählt, die in Folge einer Grippe in der aktuellen Influenza-Saison zu Tode gekommen sind; bundesweit sind es 668. Im Detail schlüsselt die LZG-Sprecherin für NRW auf, dass 88 Prozent der Grippetoten, bei denen dazu Angaben gemacht worden waren, nicht gegen Influenza geimpft waren. Der Großteil der Grippetoten - 83 Prozent - war älter als 70 Jahre.
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Quelle für diese Angaben ist der jeweilige Totenschein, wenn Influenza als Todesursache genannt ist, erläutert die LZG-Sprecherin. Allerdings weist man beim LZG darauf hin, dass die Influenza „aus verschiedenen Gründen häufig nicht als Todesursache eingetragen wird, sondern stattdessen zum Beispiel eine bakterielle Lungenentzündung oder eine vorbestehende Grunderkrankung wie Diabetes oder eine Herz-Kreislauferkrankung, die die Wahrscheinlichkeit eines schweren oder tödlichen Krankheitsverlaufs erhöht.“ Hinzu komme, erklärt die LZG-Sprecherin: „Nicht bei allen Todesfällen wird auf Influenzaviren untersucht, zudem wird der Tod nach einer Influenza-Infektion meist durch eine anschließende bakterielle Lungenentzündung verursacht, so dass die Influenzaviren häufig nicht mehr nachweisbar sind.“
>> Wichtige Ergänzung: Das LZG NRW hat die Zahl der Toten durch Influenza aktualisiert. Zum Stand 25. Januar sind 63 Fälle erfasst. In der ersten Version dieses Berichtes war die Zahl aus der Vorwoche verwendet worden (52).