Arnsberg/Düsseldorf. Nach dem Eklat um eine Flüchtlingsunterkunft in Arnsberg äußert sich der Regierungspräsident. So viele Flüchtlinge werden bis Ende 2023 erwartet.
Der erfolgreiche Protest großer Teile der Bevölkerung im Arnsberger Ortsteil Oeventrop gegen die Einrichtung einer Zentralen Unterbringungseinheit (ZUE) hat die Diskussion über die Aufnahme von Flüchtlingen in Südwestfalen neu entfacht. Bei einer Bürgerversammlung am Montag hatten sich rund 750 Teilnehmer in Oeventrop vehement und zum Teil emotional aufgebracht gegen die geplante ZUE mit etwa 450 Bewohnern ausgesprochen. Der Investor, der die Immobilie zur Verfügung stellen wollte, zog sein Angebot daraufhin zurück. Die Sache hätte den Ort, in dem er selbst wohnt, „gespalten“, sagte er. Seine Entscheidung löste in der Halle Jubel aus.
„Eine ablehnende Haltung der Bevölkerung wie in Oeventrop löst das Problem nicht“, sagte der Arnsberger Regierungspräsident Heinrich Böckelühr dieser Zeitung. Seine Behörde ist landesweit für die Verteilung der Flüchtlinge und die Organisation der zentralen Unterbringungseinheiten zuständig. Es werde immer schwieriger, geeignete Immobilien zu finden, so Böckelühr weiter. „Die Zahl der Flüchtlinge steigt gerade wieder an.“ Es sei zu befürchten, dass schon im Herbst die Plätze in den Landeseinrichtungen nicht mehr ausreichten.
Der Regierungspräsident regte an, die Kommunen bei der Finanzierung eigener kleinerer Unterkünfte stärker zu unterstützen. „Die großen Einrichtungen stoßen oft nicht auf Akzeptanz“, sagte Böckelühr. Arnsberg-Oeventrop sei kein Einzelfall. Die Bezirksregierung wolle die Bevölkerung vor einer Entscheidung über ZUE-Standorte weiter einbeziehen.
Prognose: 30.000 weitere Flüchtlinge bis Jahresende
Bis Jahresende stellt sich Arnsberg für ganz NRW auf die Ankunft von weiteren 30.000 Flüchtlingen ein; von Januar bis Ende Juli wurden in der Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA) in Bochum bereits 36.959 Zugänge registriert. Das Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration spricht von „steigenden Zugangszahlen durch saisonal bedingte Effekte“. Die unterschiedlichen Landeseinrichtungen seien zu 88 Prozent ausgelastet. Das Land arbeite „mit Hochdruck“ am Ausbau der Kapazitäten, teilte das Ministerium mit. Die Bezirksregierungen prüften derzeit mehr als 40 Liegenschaften, darunter auch Freiflächen und Erweiterungsmöglichkeiten bestehender Landeseinrichtungen. Auch kleinere Unterkünfte sollen infrage kommen, „wenn dadurch Steuerungs- und Bewirtschaftungsaspekte nicht erheblich nachteilig beeinflusst werden“.
Trotz des Protests in Oeventrop sieht das Ministerium „grundsätzlich weiterhin eine große Aufnahmebereitschaft“ in Kommunen und Bevölkerung bei der Versorgung von Flüchtlingen. „Gleichwohl fühlen sich einige Menschen derzeit verunsichert, wenn beispielsweise die Einrichtung einer Unterkunft für Geflüchtete in direkter Wohnortnähe angedacht wird. Es ist Aufgabe der Politik, weiterhin für Akzeptanz zu werben“, erklärte das Ministerium.
<<< Hintergrund: Zentrale Flüchtlingsunterkünfte am Rande der Auslastung >>>
Im Regierungsbezirk Arnsberg gibt es verschiedene Flüchtlingsunterkünfte. Die Erstaufnahmeeinrichtung (EAE) Unna dient der Registrierung, der Erstuntersuchung und der Antragstellung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), um das Asylverfahren zu eröffnen. Danach werden die Asylbewerber verschiedenen Zentralen Unterbringungseinrichtungen (ZUE) des Landes NRW zugeteilt, später dann auf die Kommunen verteilt. Zusätzlich gibt es noch die Notunterkünfte (NU) in Herne und Selm, die aus Leichtbauhallen bestehen.