Washington/Damaskus. Bewohner der kurdischen Stadt Kobane im Norden Syriens befürchten bei einer Eroberung durch die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) ein Massaker.

Die Zahl der Luftangriffe in der Region sei zu gering und die Luftschläge seien zu weit weg von der Front, beklagen Augenzeugen, wie der US-Fernsehsender CNN in der Nacht zum Dienstag berichtete. "Wir brauchen Hilfe. Wir brauchen Waffen. Wir brauchen effektivere Luftschläge", sagte Idriss Nassan aus Kobane. Wenn es so bleibt, "werden wir ein Massaker sehen". Er könne sich nicht vorstellen, was geschehen werde, wenn die Terrormiliz in Kobane einmarschiert.

Augenzeugen berichteten, die Türkei habe ihre Militärpräsenz an der Grenze verstärkt und Panzer auffahren lassen. Die Extremisten seien nur noch vier bis sieben Kilometer von dem Ort entfernt, sagte der Präsident der selbst ernannten Regionalregierung von Kobane, Anwar Muslim, am Montag. Bei CNN ist von drei Kilometern die Rede.

Extremisten greifen aus allen Richtungen an

Die Extremisten griffen Kobane (Arabisch: Ain al-Arab) aus allen Richtungen an, sagte Anwar Muslim am Telefon. Sie beschössen die Stadt mit schwerer Artillerie. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichtete, mindestens drei Menschen seien dabei ums Leben gekommen und weitere verletzt worden. Die Terrormiliz habe am Montag 17 Granaten auf das Zentrum von Kobane abgefeuert.

Die Dschihadisten versuchen seit Tagen, Kobane einzunehmen. Vor mehr als einer Woche hatten sie Dutzende Dörfer im Umland unter ihre Kontrolle gebracht und eine Massenflucht Richtung Türkei ausgelöst. Die Orte liegen an der türkischen Grenze in einer Enklave, die von den kurdischen Volksschutzeinheiten beherrscht wird. Die Terrormiliz kontrolliert im Norden und Osten Syriens bereits rund ein Drittel der Fläche des Landes. Auch im Irak beherrscht sie riesige Gebiete.

Einschlag von Mörsergranate

Auf der türkischen Seite der Grenze schlug erneut mindestens eine Mörsergranate aus der umkämpften syrischen Region ein. Im Distrikt Suruc sei ein Geschoss auf freiem Feld detoniert, berichtete die Nachrichtenagentur DHA. Schon am Sonntag waren mehrere Granaten auf der türkischen Seite der Grenze eingeschlagen, eine davon in einem Wohnhaus.

Die USA und ihre arabischen Verbündeten bombardierten unter anderem eine große Gasanlage in der Nähe der ostsyrischen Stadt Dair as-Saur, wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichtete. Die Anlage am Rande des Ortes Chascham gelte als die größte ihrer Art in Syrien. Sie versorge mehrere Kraftwerke im Land, die zahlreiche syrische Provinzen mit Strom beliefern. Nach Darstellung der Menschenrechtler griff das Bündnis nahe Manbidsch im Norden Syriens auch Getreidemühlen und Silos an. Es gebe Informationen über Opfer.

Ölanlagen sollen zerstört werden

Bereits in den vergangenen Tagen hatte das Bündnis wiederholt Ölanlagen unter IS-Kontrolle angegriffen. Damit will es nach eigenen Angaben die wichtigste Einnahmequelle der Extremisten zerstören. Die Terrormiliz finanziert sich hauptsächlich mit dem Verkauf von Öl.

Die US-Armee hatte Anfang vergangener Woche ihre Angriffe auf die Extremisten vom Irak auf Syrien ausgedehnt. Bisher flogen die USA mindestens 229 Luftangriffe im Irak und 59 in Syrien, berichtete CNN. Fünf arabische Staaten unterstützen die USA dabei. Ziel der USA ist es, den IS in beiden Ländern zu zerstören. Sie wollen dazu auch gemäßigte syrische Rebellen ausrüsten und ausbilden. (dpa)