Kiew. . Trotz scharfer Kritik aus Russland beginnen mehrere Nato-Staaten ein Manöver im Westen der Ukraine. Moskau sieht darin eine Provokation, denn im Osten der Ex-Sowjetrepublik ist eine Waffenruhe weiter brüchig. OSZE-Beobachter beschossen.

Ungeachtet der Waffenruhe in der Ostukraine sind im Konfliktgebiet Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) unter Beschuss geraten. Patrouillenfahrzeuge seien am Vorabend von Artilleriegeschossen getroffen worden, teilte der Chef der Beobachtermission in Kiew, Erturul Apakan, am Montag mit. Niemand wurde verletzt. Apakan rief ukrainische Regierungstruppen und prorussische Separatisten auf, die Feuerpause einzuhalten und die Sicherheit der Beobachter zu wahren. Die OSZE gerät in dem Konflikt immer wieder zwischen die Fronten. Im Mai hatten die Aufständischen mehrere Beobachter festgehalten.

Inmitten neuer Gewaltexzesse in der Ostukraine haben unterdessen mehrere Nato-Staaten unter US-Führung ein von Russland scharf kritisiertes Manöver im Westen der Ukraine gestartet. Drei Soldaten der Bundeswehr nehmen an der elftägigen Übung Rapid Trident (Schneller Dreizack) in Jaworow nahe der Großstadt Lwiw (Lemberg) teil, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur dpa am Montag vor Ort berichtete. "Augenblicklich steht uns ein Gegner mit einer der mächtigsten Armeen der Welt und Atomwaffen gegenüber", sagte der ukrainische Oberst Alexander Siwak zu Beginn mit Blick auf Russland. Die Führung in Kiew sieht das Nachbarland als "Aggressor".

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Russland, das selbst eine Reihe von Manövern mit Tausenden Soldaten an der ukrainischen Grenze abhielt, kritisiert die Präsenz der rund 1200 Soldaten aus 15 Staaten als Provokation angesichts des Konflikts in der Ostukraine. Das Kampfgebiet Donbass liegt rund 1200 Kilometer vom Übungsgelände entfernt. Der ukrainische Verteidigungsminister Waleri Geletej hatte am Sonntag gesagt, sein Land werde von Nato-Staaten mit Waffen beliefert. Details nannte er nicht.

Russland sagt Gasgespräche mit Ukraine ab

Die Bundesregierung ist nach eigenen Angaben nicht über solche Lieferungen informiert. "Wir haben keine Hinweise oder Erkenntnisse, ob Nato-Staaten die Ukraine mit Waffen unterstützen", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin.

Ursprünglich für diesen Samstag geplante Gasgespräche zwischen Moskau und Kiew sagte Russland ab. Moskau habe der EU-Kommission als Vermittlerin mitgeteilt, der 20. September passe nicht in die Terminplanung, sagte eine Sprecherin von EU-Energiekommissar Günther Oettinger in Brüssel. Man werde nun nach einem neuen Datum suchen. Die EU-Kommission hatte die Energieminister Russlands und der Ukraine zu Dreiergesprächen nach Berlin geladen. Ein Thema sollte unter anderem der angebliche Rückgang der Erdgaslieferungen aus Russland an Polen sein. Nach Angaben der EU-Kommission waren die russischen Lieferungen in die EU am vergangenen Wochenende aber stabil.

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Ungeachtet einer Waffenruhe in der Ostukraine kamen bei einem Granateneinschlag in der Separatistenhochburg Donezk mindestens sechs Zivilisten ums Leben. Zudem seien 15 Bewohner verletzt worden, teilte die Stadtverwaltung mit. Die prorussischen Aufständischen warfen der Armee einen Bruch der Feuerpause vor. Die Regierungseinheiten wiesen dies zurück und beschuldigten ihrerseits die militanten Gruppen.

Russland droht Westen mit Importzöllen

Für die Überwachung der Waffenruhe stellt Österreich der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) zehn Drohnen zur Verfügung. Das sagte Außenminister Sebastian Kurz Angaben aus Kiew zufolge bei einem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko. In Paris sprachen die Außenminister Frankreichs und Deutschlands, Laurent Fabius und Frank-Walter Steinmeier, mit ihrem russischen Kollegen Sergej Lawrow am Rande einer Konferenz über die Lage in der Ukraine.

Angesichts der weiter instabilen Situation im Nachbarland berief der russische Präsident Wladimir Putin in Moskau den Sicherheitsrat ein. Der Kremlchef habe mit dem Gremium auch über die negativen Folgen des EU-Ukraine-Partnerschaftsabkommens für Russland gesprochen, sagte Putins Sprecher Dmitri Peskow nach Angaben der Agentur Interfax. Moskau befürchtet schwere Nachteile für seine Wirtschaft. Regierungschef Dmitri Medwedew sagte, Russland behalte sich Schutzmaßnahmen wie Importzölle vor, falls das Abkommen zwischen Brüssel und Kiew früher als derzeit geplant Ende 2015 in Kraft trete.

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In Kiew brachte der ukrainische Präsident Poroschenko das Partnerschaftsabkommen am Montag zur Abstimmung im Parlament ein. Die Oberste Rada will das Dokument an diesem Dienstag ratifizieren.

Poroschenko brachte zudem einen Gesetzentwurf über einen auf drei Jahre angelegten Sonderstatus für Teile der Ostukraine ein. Der Entwurf sieht unter anderem örtliche Wahlen am 9. November 2014 vor und regelt die Verwendung der russischen Sprache. Die moskautreuen Separatisten fordern eine Unabhängigkeit der ganzen Region Donbass.

Wegen der andauernden Spannungen in der Konfliktzone schloss Separatistenführer Alexander Sachartschenko ein baldiges erneutes Vermittlungstreffen mit der Ukraine-Kontaktgruppe aus. "Der Beschuss der Städte durch die Armee dauert an, Gespräche machen derzeit keinen Sinn", sagte er. Sachartschenko kritisierte ebenfalls das US-geführte Manöver Rapid Trident, das noch bis zum 26. September dauert. (dpa)