Gelsenkirchen. .
Sie schrieben aus der Todeszone. Unvorstellbare 28,7 Milliarden Feldpostbriefe gingen im 1. Weltkrieg allein zwischen deutschen Soldaten und der Heimat hin und her. „Bin noch gesund und munter“ dürfte darin der meistgeschriebene Satz sein, um die Empfänger zu beruhigen – dabei sagte allein die Tatsache alles, das man noch in der Lage war, einen Brief zu schreiben.
„Bin noch gesund und munter“ ist nun der Titel eines Buches über diese Feldpostbriefe. Der Historiker Daniel Schmidt vom „Institut für Stadtgeschichte Gelsenkirchen“ hat es herausgegeben: Auszüge aus 300 solchen Briefen, alle geschrieben von Menschen aus Orten, die in den 20er-Jahren zu Gelsenkirchen zusammenwachsen sollten.
So gewinnt der Leser einen Blick aus vielen verschiedenen Perspektiven auf das Geschehen, das sich aber doch zu einem Gesamtbild fügt. Ein bisschen erinnert dies an Walter Kempowskis ,Echolote’, seine Stimmen-Collagen zu verschiedenen Phasen des zweiten Weltkriegs.
Und wie es sich so fügt, sind der erste und der aus Kriegszeiten letzte abgedruckte Brief authentische Spiegel der allgemeinen Stimmungslage. Am 11. August 1914 schreibt Wilhelm Fluche vom Aufbruch: „Die Welt ist groß – die Welt ist schön, wer weiß, ob wir uns werden sehen.“ Und am 24. Oktober 1918 schreibt Albert Schossier vom Rückzug: „Bald soll aber eine große Festung kommen, wo wir uns wieder festsetzen wollen. Da ja auch der Winter kommt, so wird die Offensive bald zu Ende sein. Wir wollen aber hoffen, dass eher der Friede kommt.“