Berlin/Hagen. .

Nachdem der zweite bundesweite Warnstreik der Lokführer den Bahnverkehr in Nordrhein-Westfalen den ganzen Samstag über stark beeinträchtigte, droht auf den Gleisen nun ein unbefristeter Streik. Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) will eine Urabstimmung einleiten. Gegenwind bekommt die GDL dabei ausgerechnet aus dem Gewerkschaftslager. DGB-Chef Reiner Hoffmann warnt vor einem Imageschaden.

Urabstimmung angekündigt

Bei den Tarifverhandlungen konkurrieren zwei Gewerkschaften miteinander: Die GDL, die zum Beamtenbund gehört, verhandelte bislang für die 20 000 Lokführer, die DGB-Gewerkschaft EVG für die übrigen 140 000 Beschäftigten. Diese Trennung hat Reiner Hoffmann, den Vorsitzenden des Deutschen Gewerkschaftsbunds, auf den Plan gerufen. In einem Brief fordert er Beamtenbund-Chef Klaus Dauberstädt auf, die GDL zur Ordnung zu rufen: „Der aggressive Abgrenzungs- und Konfliktkurs der GDL ist (...) nicht vereinbar mit einer solidarischen Interessenvertretung aller Arbeitnehmer“, zitiert die „Süddeutsche Zeitung“ aus dem Schreiben. Die GDL verweigere sich allen Kooperationsangeboten der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG und wolle „ohne Rücksicht auf öffentliche Ansehensverluste der Gewerkschaften in ihrer Gesamtheit die eigene Einflusssphäre ausbauen“.

Von der Kritik unbeeindruckt, lässt GDL-Chef Claus Weselsky weiter die Muskeln spielen. Er kündigt eine Urabstimmung unter seinen Mitarbeitern an und droht der Bahn in drei Wochen mit einem unbefristeten Streik. So lange bräuchte die Gewerkschaft zur Vorbereitung. Der Ausstand würde in die Herbstferien platzen.

Die Fronten haben sich weiter verhärtet. Bei der Bahn stoßen die Aktionen der GDL auf Unverständnis. Immer wieder betont Personal-Vorstand Ulrich Weber, dass die Arbeitgeber zu Verhandlungen bereit seien und den Lokführern ein Angebot unterbreitet hätten. 1,9 Prozent mehr Lohn bietet die Bahn an.

Gesprächsfaden ist ganz gerissen

Unerwähnt lässt Weber die zentrale Frage des Arbeitskampfes. Die GDL beansprucht neben dem Verhandlungsmandat für die 20 000 Lokführer auch das für die 17 000 anderen Beschäftigten in den Zügen wie die Zugbegleiter. Für diese Berufsgruppen war bisher die große EVG zuständig. Das Unternehmen will unbedingt verhindern, dass es zwei parallele Tarifverträge aushandeln muss. Deshalb bezieht sich das Angebot der Bahn nur auf die Lokführer. Für die GDL ist das eine Provokation.

Das Klima zwischen EVG und GDL ist vergiftet. Nun hat eine Entgleisung Weselskys, der über Behinderte herzog, den noch vorhandenen dünnen Gesprächsfaden ganz zerrissen. Bei der EVG sind in der Folge zahlreiche menschenverachtende Mails eingegangen. Nun hat die Gewerkschaft Strafanzeige wegen Volksverhetzung gestellt. Die Schuld daran weist sie indirekt Weselsky zu, der sich für seine Äußerungen entschuldigt hat.