Newport/Wales. .

Der Nato-Gipfel in Wales warf dem russischen Präsidenten vor, mit der Annexion der Krim und der Unterstützung der Separatisten in der Ost-Ukraine gegen die Nato-Russland-Grundakte von 1997 und andere Abkommen verstoßen zu haben. Die Nordatlantische Allianz will aber die seit dem Zusammenbruch des Sowjetreiches entstandenen Vereinbarungen ihrerseits nicht aufkündigen. „Wir glauben weiter, dass eine Partnerschaft zwischen der Nato und Russland, die auf Achtung des internationalen Rechts gründete, von strategischer Bedeutsamkeit wäre“, heißt es in der Schlusserklärung. „Wir bedauern, dass die Voraussetzungen für eine derartige Beziehung derzeit nicht existieren.“

Bundeskanzlerin Angela Merkel unterstrich, der Westen bleibe dialogbereit: „Wir werden unsere Doppel-Strategie aufrecht erhalten – einerseits Härte, andererseits offene Tür.“ Auch die Teilnahme des ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko an den Beratungen des Gipfeltreffens der Nato sei als Signal an Putin zu verstehen. Poroschenko verkündete auf der Wiese des Golf-Resorts Celtic Manor, Tagungsort der Sitzung, die Einigung über einen Waffenstillstand mit den prorussischen Separatisten im Osten seiner Heimat (siehe Zweittext). Nato-Generalsekretär Rasmussen begrüßte die Vereinbarung. „So weit, so gut – aber auf die Umsetzung kommt es an.“

Auch zusätzliche EU-Sanktionen sollen davon abhängen, wie kooperativ Putin jetzt agiert. Die Vorbereitung und gegebenenfalls auch Verhängung weitere Zwangsmaßnahmen solle weiterlaufen, sagte Merkel. „Die Sanktionen können aber suspendiert werden.“ Bei den EU-Partnern will die Kanzlerin außerdem erreichen, dass russische Änderungswünsche am Freihandelsabkommen mit der Ukraine berücksichtigt werden.

Im Osten des Bündnisgebiets, wo die Nato bislang militärisch nur zurückhaltend aktiv war und kaum ständige Einrichtungen unterhält, will sie künftig verstärkt Präsenz zeigen. Das soll Polen und den drei baltischen Staaten Sicherheit vermitteln, dass die Allianz ihnen im Ernstfall zu Hilfe kommt, und gleichzeitig Russland von Übergriffen wie gegen die Ukraine oder 2008 gegen Georgien abhalten. Zugleich beschloss der Gipfel wie geplant einen Aktionsplan für erhöhte Einsatzbereitschaft. Ein Element ist die Aufstellung einer superschnellen Eingreiftruppe, die in zwei bis fünf Tagen an beliebige Einsatzorte verlegt werden kann.

Eurofighter aus Deutschland über dem Baltikum

Dabei geht es wiederum in erster Linie um die Länder an der Ostflanke, wo eine entsprechende Infrastruktur und Logistik vorgehalten werden soll. Auch Deutschland will sich an der Truppe beteiligen. Wie das angestrebte Tempo mit den Prozeduren des Parlamentsvorbehalts vereinbart werden kann, ist noch nicht klar. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen will dazu die Vorschläge einer Experten-Kommission unter dem Ex-Verteidigungsminister Volker Rühe abwarten. An der verstärkten Überwachung des Luftraums über dem Baltikum ist die Bundesluftwaffe seit Monatsbeginn mit sechs Eurofightern beteiligt.

Der seit langem schwelende Streit um die Verteilung der Kosten im Bündnis dürfte auch nach dem Waliser Gipfel weitergehen. Die Verbündeten versprachen Anstrengungen, in den nächsten zehn Jahren das seit 2002 geltende Ausgabenziel von zwei Prozent des Haushalts zu erreichen. Die Forderung der USA und Großbritanniens nach einer bindenden Verpflichtung scheiterte aber am Widerstand der meisten Europäer, darunter auch Deutschlands. Der Bund wendet 1,3 Prozent des Budgets für die Verteidigung auf.